Erbschaftssteuer: Viele zahlen wenig, einige viel

Vier große Erbschaften trugen im Vorjahr ein Viertel zum Steueraufkommen von rund 100 Mio. Euro bei.

Wien (APA). Die große Koalition ist sich nicht einig, ob die Erbschaftssteuer nun eine „Reichensteuer“ ist, wie die SPÖ meint, oder eine „Mittelstandssteuer“, wie die ÖVP behauptet. Ein Blick auf die Steuerstatistik des Vorjahres zeigt folgendes: Gemessen an der Zahl der Steuerzahler ist sie eine Mittelstandssteuer – 98,7 Prozent der besteuerten Erbschaften lagen unter der Millionengrenze (genau liegt diese bei 1,095 Mio. Euro).

Doch gemessen am Steueraufkommen – also an der Frage, wer den Großteil der Erbschaftssteuer bezahlt – ist sie eher eine Reichensteuer: Fast 50 Prozent der Einnahmen stammen von nur 1,3 Prozent der Erben, vier besonders große Erbschaften trugen im Vorjahr fast ein Viertel der Steuerlast.

Mitte 2008 läuft die Steuer, die vor knapp zwei Wochen vom Verfassungsgerichtshof (VfGH) aufgehoben wurde, aus. Die ÖVP hat sich klar gegen eine Änderung des Erbschaftssteuerrechts ausgesprochen. Für den Finanzminister bedeutet dies keinen großen Einnahmenentgang: Im Vorjahr bezahlten 62.398 Erben 101,6 Mio. Euro an Erbschaftssteuer – im Durchschnitt gerade einmal 1629 Euro pro Erbschaft, wie die Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage des grünen Abgeordneten Bruno Rossman durch das Finanzministerium zeigt.

Zwei Drittel zahlen 181 Euro

Die Masse der Erben zahlt jedoch fast gar keine Erbschaftssteuer: Zwei Drittel der Erben mussten durchschnittlich gerade einmal 181 Euro an den Fiskus abliefern, was wahrscheinlich nicht einmal den Arbeitsaufwand für die Finanzbehörden rechtfertigt. So wenig zahlt man, wenn die „Bemessungsgrundlage“ weniger als 7300 Euro ausmacht. In der Bemessungsgrundlage sind aber etwa Sparbücher nicht enthalten, die durch die Kapitalertragssteuer (KESt) bereits endbesteuert sind. Und Immobilienvermögen wird nur mit dem so genannten „Einheitswert“ eingerechnet, und der liegt in der Regel deutlich unter dem realen Marktwert.

Genau diese Ungleichheit im Erbschaftssteuerrecht führte auch zu der Aufhebung durch den VfGH. Eine Witwe ließ sich ihren Pflichterbteil für einen Grundbesitz bar auszahlen. Da Geld stärker besteuert wird als das Erbe von Grund, hätte die Witwe nun eine viel höhere Erbschaftssteuer zahlen müssen. Dagegen legte sie Beschwerde ein und bekam Recht. Ein ähnlicher Fall bei der Schenkungssteuer ist beim VfGH noch anhängig. Rechtsexperten gehen davon aus, dass auch die Schenkungssteuer vom Verfassungsgericht aufgehoben wird.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.03.2007)

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