Biosprit treibt Gentechnik an

Der Weltmarktführer bei Gen-Saaten schreibt Rekorde – und erntet viel Kritik.

ST. Louis/WIEN. Das Glashaus am Dach des schmucklosen Ziegelbaus in St. Louis ist gewaltig: Auf 8000 Quadratmeter testen Forscher von Monsanto verschiedenste Arten von genmanipulierten Pflanzen. In einem Eck steht, liebevoll gepflegt, ein Topf mit der Aufschrift „Teosinte“: Das ist die Urform von Mais. Von jener Pflanze, mit der der US-Konzern derzeit von einem Rekordergebnis zum nächsten eilt.

Monsanto-Chef Hugh Grant hat Dienstagabend berichtet, dass der Gewinn im abgelaufenen Quartal um 23 Prozent gestiegen ist. Hauptgrund: Der Absatz von Gen-Mais-Saatgut ist um 47 Prozent gestiegen – und zwar wegen des Biosprit-Booms in den USA. In Amerika wird immer mehr aus Mais hergestellter Ethanol dem Benzin beigemischt. In Bälde wird das auch in Europa so sein.

Verdopplung der Nachfrage

Großer Renner ist derzeit „Triple-stack“-Mais: Dieser ist unempfindlich gegen zwei Schadinsekten und gegen das Unkrautvertilgungsmittel Roundup Ready. Farmer, die Mais im großen Stil anbauen – in den USA auf Feldern mit 4000 und mehr Hektar –, sparen sich dadurch Arbeit und Spritzmittel, sie haben höhere Gewinne. Während es selbst in den USA bei Gen-Mais als Nahrungsmittel Ressentiments gibt, hat niemand etwas dagegen, diese Pflanzen für Biosprit zu verwenden. 52 Prozent des US-Mais sind gentechnisch verändert.

Und die Nachfrage ist gigantisch: Im Vorjahr wurde ein Fünftel der US-Maisernte zu Ethanol verarbeitet. Wegen des gestiegenen Ölpreises wachsen zudem die Investitionen in Ethanol-Produktions-Anlagen rasant – von der Politik, die ja die Importabhängigkeit von Rohöl minimieren will, tatkräftig unterstützt. Allein durch die derzeit in Bau befindlichen Ethanol-Anlagen in den USA wird sich die zu Biosprit verarbeitete Getreidemenge verdoppeln.

Produktion in Österreich

Als Weltmarktführer bei Gen-Saaten steht Monsanto auch im Zentrum der Kritik durch Umweltschützer. Aus der langen Liste der Vorwürfe – neben den Vorbehalten gegen die „Grüne Gentechnik“ an sich: Der Konzern bringe Bauern durch Knebelverträge in totale Abhängigkeit und wolle ein weltweites Monopol schaffen.

Kritik ist für Monsanto nichts Neues: Nach dem Vietnam-Krieg beispielsweise hagelte es Klagen von US-Soldaten wegen Gesundheitsschäden durch das Entlaubungsmittel „Agent Orange“.

Aktuell ist Monsanto heftiger Kritik im Milch-Sektor ausgesetzt: Auf Druck von Konsumentengruppen werben einige Molkereien damit, dass ihre Milch nicht mit dem Rinderwachstumshormon (BST) „Posilac“ hergestellt wurde. Monsanto, das das Mittel zur Steigerung der Milchleistung vermarktet, verlangt nun von den US-Behörden, dass diese „irreführende“ Werbung abgestellt wird. Der Konzern legte Studien vor, laut denen sich Milch von BST-behandelten Kühen – das ist jede dritte US-Kuh – in Nichts von unbehandelter Milch unterscheide. Posilac wird übrigens von Sandoz im Tiroler Ort Kundl hergestellt. In der EU ist seine Verfütterung verboten.

Anleger stört all die Kritik nicht: Nach Bekanntgabe der Quartalsergebnisse stieg der Aktienkurs von Monsanto auf ein Allzeit-Hoch. Viele Analysten erhöhten Tags darauf die Kursziele – und zwar nicht nur ein bisschen, sondern gleich um ein Viertel und mehr.

Inline Flex[Faktbox] LEXIKON: Monsanto("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.04.2007)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.