Osteuropa: Gastarbeiter aus China sind gerade recht

Bulgarien und Rumänien suchen verzweifelt Ersatz für die abgewanderten Arbeitskräfte.

WIEN (p. m.). Nach Polen, das in den 1990er Jahren Osteuropas „Hauptexporteur“ von Arbeitskräften war, liefert heute Rumänien den Nachschub: Gegenwärtig sind rund zwei Millionen Rumänen offiziell im Ausland tätig. Das Land kämpft – wie Nachbar und EU-Partner Bulgarien – mit extremem Arbeitskräftemangel.

Mehr als ein Drittel aller Rumänen hat „Erfahrung“ mit dem Westen: In 2,5 Millionen Haushalten lebe zumindest ein Familienmitglied, das schon im Ausland gearbeitet habe, besagt eine Studie der „Stiftung für eine offene Gesellschaft“. Gab es nach der Wende eine breite Streuung, so dominiert heute die Sprachverwandtschaft: In Spanien arbeiten auf Grund eines bilateralen Abkommens bis zu zwei Millionen Rumänen legal. In Italien hingegen haben nur 300.000 eine Arbeitsgenehmigung, mehr als zwei Millionen werken schwarz.

Wanderarbeiter-Boom

Auch ostmitteleuropäische Länder saugen Arbeitskräfte aus den Balkanstaaten ab. Die Slowakei, Tschechien und Ungarn haben „Mangelbranchen“ mit Jahresbeginn für Rumänen geöffnet. Es sind nicht nur Tausende Pendler aus Siebenbürgen in Ungarn tätig, sondern auch Bergleute aus zugesperrten rumänischen Minen in der Slowakei. In Tschechien hoffen laut der Zeitung „Hospodárské noviny“ drei Viertel aller Unternehmen auf Arbeitnehmer aus Rumänien.

Der „Wanderarbeiter-Boom“ hat in den beiden neuen EU-Mitgliedstaaten selbst zu heftigem Arbeitskräftemangel geführt. Offiziell haben zwar nur 20.000 Personen Jobs in der EU, in Kanada und in den USA, aber die Zahl der jenseits der Grenzen tätigen Bulgaren soll mehrere Hunderttausend betragen. Jetzt lässt Sofia zu, dass in der Bauwirtschaft und im Fremdenverkehr türkische Gastarbeiter beschäftigt werden.

In Rumänien können 200.000 Jobs nicht besetzt werden, die Hälfte in der Bauwirtschaft, berichtet der Online-Nachrichtendienst HotNews. Baufirmen wollen Gastarbeiter aus Moldawien, der Türkei, der Ukraine, sogar aus Pakistan und China engagieren.

Polen hat im Juli die Beschäftigung von Russen, Ukrainern und Weißrussen erleichtert. Diese können jetzt jährlich sechs Monate in allen Branchen ohne Arbeitsgenehmigung tätig sein. So sollen jene Lücken gefüllt werden, die vor allem in der Bauwirtschaft durch die „Polen-Wanderung“ nach Großbritannien gerissen wurden. Die Ukraine – Partner bei der Fußball-Europameisterschaft 2012 – könnte mit Arbeitskräften aushelfen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.08.2007)

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