USA: Milliardengrab Immobilien-Krise

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Zwei Millionen Familien dürften ihr Haus verlieren. Die Weltwirtschaft wird auch von den Bränden in Kalifornien getroffen.

Washington. Immer, wenn man glaubt, die US-Immobilienkrise hat ihren Tiefpunkt erreicht, kommen neue, schlechte Nachrichten. Ungeachtet dessen, ob alle Prognosen eintreffen, ist eines schon klar: Es werden Milliarden vernichtet. Die jüngste Hiobsbotschaft ist eine Untersuchung eines Kongressausschusses. Demnach werden in den USA bis Ende 2009 zwei Millionen Familien wegen Zahlungsunfähigkeit ihr Haus verlieren. Wirtschaftsexperten rechnen damit, dass der Wert der US-Immobilien um zwei bis vier Billionen Dollar sinken wird.

Laut dem Bericht des US-Senats wird durch die geschätzten zwei Mio. Zwangsvollstreckungen ein Vermögen von 71 Mrd. Dollar vernichtet. Benachbarte Häuser würden deswegen weitere 32 Mrd. Dollar an Wert verlieren, erklärte Komitee-Vorsitzender Senator Charles Schumer.

Riesige Steuer-Ausfälle

Bundesstaaten und Gemeinden werden um Einnahmen aus der Grundsteuer in Höhe von knapp einer Mrd. Dollar umfallen. Schumer fordert ein stärkeres Engagement der US-Regierung, um die Immobilienkrise zu bewältigen. Bisher stellte der Staat 100 Mio. Dollar als Kredithilfe für von Zwangsvollstreckungen betroffenen Familien zur Verfügung.

Die Immobilienblase, die seit eineinhalb Jahren in Zeitlupe platzt, wird bis zu vier Billionen Dollar Vermögen vernichten, schrieb die „New York Times“. Das Blatt gibt den Wert der US-Immobilien mit 21 Billionen Dollar an.

Diese Verluste sind etwa die Hälfte dessen, was Investoren beim Platzen der Dot.com-Blase Ende der 90er-Jahre an den Börsen verloren. Doch Finanzexperten glauben, dass die Einbrüche am Immobilienmarkt schwerwiegendere Folgen auf die Wirtschaft haben als der Aktiencrash, weil mehr Menschen in den USA ein Haus besitzen als Aktien. „Viele haben ihr Haus als Sparschwein verwendet, um sich mit immer neuen Krediten einen teuren Lebensstil leisten zu können“, erklärt Jane Caron, Chefökonom von Dwight Asset Management.

Die Finanzinstitute werden laut Wirtschaftsexperten im Zuge der Immobilienkrise 400 Mrd. Dollar verlieren. Das seien nur vorläufige Schätzungen, die Zahlen könnten „weitaus höher liegen“. Zumal Experten des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) davon ausgehen, dass auch die Brände in Kalifornien die gesamte Weltwirtschaft treffen. Die rund 50 Mrd. Dollar (35 Mrd. Euro), die durch Produktionsausfälle verursacht würden, fehlten an anderer Stelle.

Schon jetzt sind mehrere Investoren und Banken ins Wanken geraten. Merrill Lynch gab zuletzt Abschreibungen von knapp acht Mrd. Dollar bekannt. Die Bank of America streicht nach einem massiven Gewinneinbruch 3000 Jobs. Sollten auch andere Großbanken mit solchen Negativmeldungen aufwarten, schließt die Ratingagentur Moody's Rating-Änderungen nicht aus.

Die Zahl der Hausverkäufe stieg im September gegenüber August US-weit um 4,8 Prozent, liegt aber 23 Prozent unter jener von September 2006. In Seattle und Baltimore wurden sogar 44 Prozent weniger Häuser verkauft. Die Hauspreise fielen im Schnitt um 4,2 Prozent auf 211.700 Dollar. Trotzdem sind Experten wie Ex-Fed-Chef Alan Greenspan und Milliardär Warren Buffett optimistisch. Die USA stehe „vor einer langen Durststrecke“, sei aber nicht auf dem Weg in die Rezession.

AUF EINEN BLICK: US-Immobilienkrise

Das Immobilienvermögen der USA wird sich nach Schätzungen von Wirtschaftswissenschaftlern um zwei bis vier Bill. Dollar (1405 Mrd. bis 2811 Mrd. Euro) reduzieren. Vor der Krise hat sich das Vermögen auf 21 Bill. Dollar belaufen, berichtet die „New York Times“.

Die Finanzkonzerne könnten in Folge der Krise am US–Markt für zweitklassige Hypothekenkredite („subprime mortgages“) 400 Mrd. Dollar verlieren. Damit wäre die Wertvernichtung deutlich höher als bei der Spar- und Kreditkrise Anfang der 90er-Jahre.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.10.2007)

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