Aufsichtsrätinnen sind Pflicht

Die Presse (Fabry)
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Das Ziel von 40 Prozent Frauen in den Aufsichtsräten in Norwegen ist fast rundum erfüllt.

OSLO. „Unmöglich“, hatten die Wirtschaftsbosse gestöhnt, als Norwegens Regierung die Macht in den Aufsichtsräten quotierte. „So viele Frauen gibt es gar nicht“, hatten sie gezetert, als die Politiker einen Anteil von 40 Prozent in den Leitungsorganen diktierten. Gibt es doch. Mit Neujahr trat die Regel in Kraft, die unter Androhung von Strafen eine gerechtere Verteilung der Entscheidungsgewalt verlangt. Und siehe da: Kurz vor dem Stichtag hat der Wirtschaftsverband NHO eine musterhafte Statistik vorgelegt. Der Frauenanteil in den Aufsichtsräten der NHO-Mitglieder beträgt im Schnitt 40 Prozent.

Quoten rasch erfüllt

Da hat man sich gesputet. Noch im Sommer 2006 war nur jeder vierte Aufsichtsrat eine Aufsichtsrätin. Doch in den jüngsten Generalversammlungen hat Konzern um Konzern die Quotenforderung erfüllt. Schließlich will man weder Bußgelder zahlen noch als Chauvi angeprangert werden. „Da sind nicht Ehegattinnen oder süße Sekretärinnen in die Gremien geschlüpft, sondern hoch qualifizierte Frauen“, sagt Mimi Berdal, die eine Karriere als Anwältin gegen das Amt eines Aufsichtsratsprofis getauscht hat und bei neun Firmen in der Kontrollzentrale sitzt.

Es war der damalige konservative Wirtschaftsminister Ansgar Gabrielsen, der 2002 das Quotengesetz einbrachte. Sieben Prozent Frauen saßen in den Kontrollorganen, was international normal ist, in Norwegen aber, wo in der Politik Gleichberechtigung seit langem festgeschrieben ist, als skandalös galt. Fünf Jahre gab Gabrielsen den Firmen, um die Quote zu erfüllen, sonst würde es Strafen setzen bis zur Zwangsauflösung. Damals schlug ihm Widerstand entgegen, aus den Firmen wie der eigenen Partei. Man solle auf Freiwilligkeit bauen. Selbst Frauen monierten, sie wollten nicht als „Quotenfrauen“ in die Machtgremien rücken, sondern ihrer Verdienste wegen. „Als ob die Männer sich immer so verdient gemacht hätten“, gab Gabrielsen zurück. Jetzt lobte man ihn auf einem NHO-Frauenseminar als Visionär: Ohne Drohung wären die Firmen noch nicht so weit.

Die Bilanz ist noch nicht makellos. Bei den nicht zur NHO zählenden Firmen beträgt die Frauenquote erst 33 Prozent, vor allem der Ölsektor muss nachbessern. Kleinere Firmen haben die Börse verlassen, um nicht unter die Zwangsregeln zu fallen. Generell gilt: Hat ein Aufsichtsrat zwei oder drei Mitglieder, müssen beide Geschlechter vertreten sein. Bei vier oder fünf Mitgliedern müssen zwei Frauen sein, bei sechs bis acht zumindest drei, bei neun sind vier Pflicht. Ab zehn Mitgliedern gilt die 40-Prozent-Quote. „Das Gesetz begrenzt zwar die Aktionärsdemokratie, aber es ist gut, um die Vielfalt zu fördern“, sagt Mimi Berdal. „Wenn eine Handvoll Leute mit gleichen Ideen alle Entscheidungen trifft, wächst die Gefahr für katastrophale Fehler.“

Noch keine besseren Ergebnisse

Aus den Konzernbilanzen lässt sich der wachsende Frauenanteil noch nicht ablesen. „Unsere Studien belegen weder Wertsteigerung dank größerer Vielfalt, noch dass die Erträge sinken, wenn Frauen mitreden“, stellt der Wirtschaftsforscher Trond Randøy fest. Jetzt sollen Frauen auch in den Vorständen nach oben klettern. Die Teilnehmerinnen am NHO-Seminar sind sich einig: „Jetzt werden wir in den Aufsichtsräten schon dafür sorgen, dass mehr Frauen rekrutiert werden.“ So haben es bisher auch die männlichen Seilschaften getan.

AUF EINEN BLICK

In Norwegen trat mit Jahresbeginn ein neues Gesetz in Kraft: Ab sofort müssen 40 Prozent der Aufsichtsräte Frauen sein.

Die börsenotierten Firmen haben diese Quote weitgehend erfüllt, aber einige haben die Börse verlassen, um nicht unter die Zwangsregeln zu fallen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.01.2008)

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