USA: Bienensterben ruft Konzerne auf den Plan

(c) AP (Steffen Schmidt)
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Jede vierte Biene in den USA ist im Vorjahr gestorben. Der Grund ist unbekannt. Ein Drittel der Lebensmittel benötigt jedoch Bestäubung durch Bienen.

New York/WIEN (go). Mandeln in der Schokolade, Brombeeren im Frühstücksjoghurt, Äpfel im Saft und Sonnenblumen im Vollkornbrot haben eines gemeinsam: Die Pflanzen, von denen sie stammen, können sich ohne Hilfe der Bienen nicht vermehren. Rund ein Drittel der gesamten Lebensmittelproduktion in Industriestaaten wie den USA oder Österreich ist von der Bestäubung durch die sprichwörtlich fleißigen Insekten abhängig.

Das erklärt die wachsende Unruhe der US-Lebensmittelindustrie. Denn seit Ende 2006 hat sich die Zahl der Honigbienen in den USA um ein Viertel verringert. Grund dafür ist ein Phänomen namens „Colony Collapse Disorder“, also den Umstand, dass erwachsene Bienen plötzlich ihre Stöcke verlassen, bevor der Nachwuchs lebensfähig ist. Wieso das passiert, ist bisher unerklärlich. Befall durch Viren oder Pilze ist ein Erklärungsversuch. Als Gründe werden auch gentechnisch veränderte Pflanzen, der Klimawandel oder die elektromagnetische Strahlung von Handymasten genannt.

250.000 Dollar für Forscher

Nun ergreift die Lebensmittelindustrie die Initiative, um herauszufinden, warum die Honigbienen sterben. Der Luxus-Speiseeishersteller Häagen-Dazs (eine Tochter der Schweizer Lebensmittelkonzerns Nestlé) stellt zu diesem Zweck zwei Forschungsteams an Universitäten in Kalifornien und Pennsylvania 250.000 Dollar (170.000 Euro) zur Verfügung, berichtete die „Financial Times“ am Dienstag.

„Speiseeis ist nur ein kleiner Teil des Problems. Das größere Thema ist die Lebensmittelversorgung des gesamten Landes“, sagte eine Sprecherin von Häagen-Dazs.

Auch der sechstgrößte Nahrungshersteller der Welt, General Mills, ist alarmiert. „Wir arbeiten mit anderen Vertretern der Industrie daran, besser zu verstehen, was passiert.“ Ein Sprecher von Kraft Foods sagte, der rätselhafte Bienentod sei „eine wachsende Sorge“ für die Lebensmittelhersteller.

„Keine Probleme in Österreich“

25 Prozent weniger Honigbienen binnen eines Jahres: Dieses Szenario ist heimischen Lebensmittelverarbeitern erspart geblieben. „In Österreich gab es im Vorjahr keine Probleme, die Winterverluste hielten sich mit zehn bis 13 Prozent im normalen Rahmen“, sagte ein Sprecher des Imkerei-Dachverbandes „Biene Österreich“ auf Anfrage zur „Presse“.

Heuer könnte es etwas höhere Verluste in den österreichischen Bienenvölkern geben. Grund dafür sei der milde Winter 2006/2007. Der bewirkte nämlich, dass sich die Bienen auch im Winter vermehrten. Und damit vermehrten sich auch Parasiten, die mit Zeitverzögerung ein Jahr später zu einer Verminderung der Bienenbestände führen. „Ein warmer Winter ist für die Bienen nicht gut“, sagte der Sprecher des Imkerei-Dachverbandes.

Österreich ist Honig-Importeur

Generell lässt sich sagen, dass die Bienenzucht in den USA mit der in Österreich nicht zu vergleichen ist. Rund 1500 bis 2000 US-Großimker mit durchschnittlich 2000 bis 3000 Bienenstöcken vermieten ganze Bienenvölker und fahren dem Obstanbau nach – beginnend mit der Mandelblüte in Kalifornien im Februar. Kritiker meinen, diese Form der Imkerei setze die Bienen zu großem Stress aus und sei der Grund für das Bienensterben.

In Österreich betreuen rund 23.000 Imker rund 311.000 Bienenvölker. Die Saison beginnt mit der Weidenblüte. Die erste Ernte ist üblicherweise möglich, wenn der Raps blüht. 4500 bis 7000 Tonnen Honig produzieren Österreichs Honigbienen jährlich – doch wird hierzulande doppelt so viel verbraucht, sagte der Konfitüren- und Honigunternehmer Klaus Darbo zur „Presse“. „Wir importieren darum aus Argentinien, Mexiko und vor allem Osteuropa.“

AUF EINEN BLICK

Jede vierte Biene in den USA ist im Vorjahr gestorben. Der Grund ist unbekannt. Das beunruhigt die Lebensmittelindustrie, denn ein Drittel der Nahrungsmittel bedarf der Bestäubung durch Bienen. Darum unterstützt nun der Speiseeishersteller Häagen-Dazs Bienenforscher finanziell.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.02.2008)

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