Austrian Airlines: Lufthansa in der Warteschleife

(c) Die Presse (Michaela Bruckberger)
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Die Staatsholding ÖIAG macht im Pakt mit dem Scheich Al Jaber den Weg für einen strategischen Partner offiziell frei. Für neuen Zündstoff ist gesorgt.

wien.Einmal hat Scheich Mohamed Bin Issa Al Jaber erzürnt die Verhandlungen abgebrochen. Das Lobbying – auch von höchster Politspitze – für den saudisch-österreichischen Milliardär dürfte letztlich gewirkt haben. Die ÖIAG hat sich mit Al Jaber am Donnerstagnachmittag über die Modalitäten für seinen Einstieg geeinigt. Die AUA bekommt also einen neuen Großaktionär und 150 Mio. Euro Kapital und kann damit ihren Alleingang – erklärtes Ziel von AUA-Boss Alfred Ötsch – fortsetzen.

Noch. Denn die Sensation an diesem Deal liegt im Detail: Erstmals schließ die ÖIAG nämlich ganz offiziell einen strategischen Partner – also eine andere Airline – für die AUA nicht aus. Im Vertrag mit Al Jaber sind nicht nur die Modalitäten des Einstiegs festgeschrieben, sondern auch die Bedingungen, zu denen Al Jaber sein Aktienpaket wieder verkaufen muss. Dabei ist erstmals – schwarz auf weiß – von einer Teil- bzw. Vollprivatisierung der AUA die Rede. Also einem Verkauf an einen strategischen Partner. Und es wird festgehalten, dass der Verkauf EU-weit ausgeschrieben wird.

Angst vor der Lufthansa

Um die Frage, ob die AUA allein überleben kann oder einen strategischen Partner braucht, toben nicht nur im Unternehmen selbst und bei ihrem Großaktionär ÖIAG, sondern in der ganzen heimischen Polit- und Wirtschaftsszene seit Jahren heftige Diskussionen. Zumindest, seit die AUA hohe Verluste schreibt. Die ÖIAG hat dazu schon vor zwei Jahren bei Unternehmensberater Roland Berger ein Gutachten erstellen lassen, das die Zukunftsperspektiven der AUA ausloten sollte. Die von der ÖIAG bis heute streng verschlossen gehaltene Expertise unterstützt die Partner-Variante.

Dabei fällt meist der Name Lufthansa. Die Befürworter führen die Swiss ins Treffen, die nach dem Konkurs von der Lufthansa übernommen worden ist und wieder satte Gewinne schreibt. Die Gegner fürchten, dass die AUA zum regionalen Zubringer degradiert und der Flughafen Wien seine Funktion als Osteuropa-Drehkreuz verlieren würde. Schon jetzt bediene die Lufthansa aus München viele Ost-Destinationen, heißt es. Ötsch hat sich klar festgelegt: Bei einem Verkauf „an die Lufthansa stehe ich nicht mehr zur Verfügung“, sagte er am 16. Februar zur „Presse“.

Jetzt geht es darum, mit Al Jaber die von ihm in Aussicht gestellte „Expansionsstory“ in den Nahen und Mittleren Osten umzusetzen. Der Vertrag soll am Montag vom ÖIAG-Aufsichtsrat und am Mittwoch vom Kontrollgremium der AUA abgesegnet werden soll. Was im Gegensatz zur Hauptversammlung ohne größere Probleme abgehen dürfte. Für das Aktionärstreffen am 7. Mai haben Kleinanleger-Vertreter Wilhelm Rasinger und Aktionär Rupert-Heinrich Staller massiven Widerstand angekündigt, weil sie eine „Verschleuderung“ wittern.

Und so sieht der Pakt im Detail aus:
•Al Jaber steigt über eine Kapitalerhöhung bei der AUA ein. Er zahlt 7,10 Euro je Aktie – der Kurs der letzten Kapitalerhöhung. Das verschafft ihm bei einem Investment von 150 Mio. Euro rund 22 Prozent.
•Bei der Kapitalerhöhung gibt es entgegen ursprünglichen Plänen doch keinen Bezugsrechtsausschluss. Das heißt, dass alle Alt-Aktionäre mitziehen können. Womit eine Forderung von Rasinger und Staller erfüllt ist.
•Die ÖIAG und die mit ihr im Syndikat vertretenen Banken RZB und BA-CA ziehen nicht mit. Die Banken steigen komplett aus, der Anteil der ÖIAG sinkt von 42,75 auf rund 34 Prozent. Diese Pakete übernimmt Al Jaber, womit die für die Flugrechte wichtige nationale Mehrheit an der AUA garantiert ist. Die ebenfalls im Syndikat vertretene Wiener Städtische bleibt und stockt vielleicht sogar auf.
•Im Fall der AUA-Privatisierung muss Al Jaber seinen Anteil an die ÖIAG zurück verkaufen, wobei diese ihm zumindest den Kaufpreis von 7,10 Euro garantiert.
•Al Jaber hat aber das Recht, beim Verkauf der AUA wieder mit zu bieten.

AUF EINEN BLICK

Die AUA bekommt mit Scheich Mohamed Bin Issa Al Jaber einen neuen Großaktionär und 150 Mio. Euro. Die ÖIAG hat mit Al Jaber den Vertrag ausgehandelt.

Erstmals ist darin die Rede davon, dass die AUA mittelfristig einen strategischen Partner bekommen könnte. Damit flammt der Konflikt um die Vor- und Nachteile eines Verkaufs an die Lufthansa wieder voll auf.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.03.2008)

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