Kanada: Goldschürfen als Lebensstil

(c) AP (Al Grillo)
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Mit dem hohen Goldpreis steigt auch in Kanada das Interesse an der traditionellen Suche nach dem kostbaren Metall. Alte Kleinst-Familienbetriebe leben plötzlich wieder auf.

Toronto. An den Flüssen im Yukon-Territorium ist es still. Eis bedeckt die Gewässer, der Boden ist hart gefroren. 30 Grad minus. Die Goldschürfer haben sich nach Dawson City, nach Whitehorse, oder noch weiter in den Süden zurückgezogen. Im April kehren sie zurück zu ihren „Claims“, auf der Suche nach dem kostbaren Metall. Heuer dürften es mehr Glücksritter sein. Der hohe Goldpreis lockt.

Stuart Schmidt wird an den Thistle Creek und den Lower 60 Miles River ziehen. Der 56-Jährige ist ein „Placer Miner“. Bei „Placer Mining“ wird das Gold aus Erde und Geröll der Flüsse gewonnen. Im Gegensatz dazu werden die großen Tagebau-Minen tief in das Gestein getrieben. „Mit Spaten, Schürfpfanne und Sieb ist es heute nicht getan“, sagt Schmidt. Auch einfache Goldsucher müssen in Maschinen investieren – rund eine halbe Million Dollar. Am Thistle Creek und am Lower 60 Miles River stehen Schmidts Maschinen. 18 Menschen wird er von Mai bis Oktober beschäftigen. Am Ende der Saison hofft er, 6000 bis 8000 Unzen Gold mit einem Reinheitsgrad von etwa 80 Prozent gesammelt zu haben.

Auf die Frage, ob er ein reicher Mann sei, lacht Stuart Schmidt. „Ich habe mehrere Millionen Dollar Betriebskosten. Allein über eine Million Dollar für Treibstoff. Ich muss alles mit Flugzeug oder Booten heran schaffen, 80 Meilen von Dawson City.“ Was bei einem Goldpreis nahe der 1000-Dollar-Marke zunächst auf riesigen Profit schließen lässt, reduziert sich zu einem respektablen, aber nicht überwältigenden Gewinn.

Dawson City, die Goldgräberstadt im kanadischen Yukon-Territorium, ist das Symbol für Gold. Vor 110 Jahren, 1898, erlebte der Goldrausch am Klondike seinen Höhepunkt. Dawson, heute eine 2000-Seelen-Gemeinde, zählte damals mehr als 30.000 Menschen. Nachdem am Bonanza Creek Goldnuggets gefunden worden waren, strömten Tausende in die Region. Mit Schiffen kamen sie von San Francisco und Portland nach Skagway an der Küste Alaskas und schleppten sich über den Chilkoot-Paß und die berüchtigte „Goldene Treppe”. Unter ihnen war auch der Schriftsteller Jack London, der in seinem „Lockruf des Goldes” die Zeit beschrieb. Dawson wurde das „Paris des Nordens” mit Hotels, Bars und dem noch existierenden Spielkasino.

Heute wird der Markt von Konzernen beherrscht. 2500 Tonnen Gold wurden 2006 weltweit gefördert, etwa 100 Tonnen in Ontario, Quebec und British Columbia. Mit zwei bis drei Tonnen fällt die Goldschürferei am Yukon kaum ins Gewicht.

Goldrausch noch nicht in Sicht

Aber Goldschürfen am Yukon ist nicht nur Historie, sondern Lebensstil – und Familiengeschäft. Das Gewerbe betreiben ausschließlich kleine Familienbetriebe, deren Geschichte manchmal bis in die Zeit des Goldrausches 1898 zurückreicht. Auch Stuart Schmidts Vater war Goldschürfer und die Familientradition geht noch weiter zurück: „Mein Urgroßvater kam 1849 aus Deutschland nach Kalifornien.“

Ein Goldrausch wie vor 100 Jahren ist nicht in Sicht, „aber die Leute sind wieder stärker an der Goldsuche im Yukon-Territorium interessiert“, sagt Bill Lebarge von der Yukon Geological Survey. 2007 wurden 24 Explorationsprojekte begonnen. 2008, davon sind alle am Yukon überzeugt, wird ein gutes Jahr für die Goldsuche.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.03.2008)

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