Die AUA wird 50: Ein Scheich zum Geburtstag

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Analyse. Die AUA schreibt wieder Gewinne. Saniert ist sie noch lange nicht. Der Einstieg von Scheich Mohamed Bin Issa Al Jaber ist Wind unter den Flügeln der AUA.

Die Vickers Viscount mit der Flugnummer 201 rollt langsam auf das Flugfeld in Wien-Schwechat. Es ist der 31. März 1958. Der erste kommerzielle Flug der Austrian Airlines führt von Wien nach London. Die AUA, deren Gründungsurkunde schon am 30. September 1957 unterzeichnet worden war, ist kein „Papierflieger“ mehr, sondern ein Symbol der jungen Republik.

Zum 50. Geburtstag, der am Montag gefeiert wird, hat sich die AUA selbst das schönste Geschenk gemacht. Erstmals nach zwei Jahren tiefroter Zahlen hat die AUA 2007 einen kleinen Nettogewinn von 3,3 Mio. Euro geschafft.

Das zweite Geburtstagsgeschenk kommt von außen: Ein Scheich aus dem Morgenland, Mohamed Bin Issa Al Jaber, hat sich entschlossen, der AUA mit 150 Mio. Euro unter die Flügel zu greifen. Dafür bekommt er allerdings auch viel – immerhin 20 Prozent an der Fluglinie.

Womit für Diskussionen gesorgt ist, denn nicht jeder sieht die Strategie hinter Al Jaber so wie AUA-Boss Alfred Ötsch. „Mit ihm können wir unseren Plan, im Nahen und Mittleren Osten zu expandieren, aggressiver umsetzen“, sagt Ötsch. Außerdem sichere Al Jaber den Alleingang der Fluglinie.

Die Selbstständigkeit, die für Ötsch oberstes Gebot ist – an diesem Symbol des Nationalstolzes scheiden sich die Geister. Immer, wenn es der AUA schlecht geht – und das war in ihrer 50-jährigen Geschichte mehrmals der Fall – bangt ganz Österreich um das rot-weiß-rote Heck. Da wird schnell der Teufel in Gestalt der Lufthansa oder anderer übermächtiger Konkurrenten an die Wand gemalt und mit der Gefährdung von Arbeitsplätzen und des Wirtschaftsstandortes argumentiert.

Solche Sentimentalitäten sind internationalen Luftfahrtexperten fremd. Angesichts des verschärften Wettbewerbs, des rapid steigendes Ölpreises und historisch gewachsener Kostenstrukturen seien die nationalen Fluglinien ein Relikt der Vergangenheit, sagen sie. Nur drei große Fluggesellschaften würden selbstständig überleben: Air France/KLM, Lufthansa und British Airways. Die anderen Carrier, vor allem kleine wie die AUA, müssten sich Nischen suchen und/oder einen großen Partner, lautet das Credo von Analysten und Experten. Diese Meinung vertritt übrigens auch Lufthansa-Boss Wolfgang Mayrhuber, der mit der Übernahme der Swiss ein Exempel statuiert hat.

Die AUA befindet sich wieder im Steigflug. Die von Ötsch eingeleiteten scharfen Sanierungsmaßnahmen – Abbau von rund 1000 Stellen, Streichung defizitärer Langstrecken, Verkauf von Langstreckenjets – haben Wirkung gezeigt. Saniert ist die AUA aber noch nicht. Ötsch fällt schwer, dies zuzugeben. Aber er räumt ein, dass das laufende Jahr wegen des hohen Ölpreises „grimmig“ wird.


Wird die AUA auch den Sechziger allein feiern? Geld hat sie, nicht nur wegen Al Jaber. Auch ein Teil der Kapitalerhöhung, die 370 Mio. Euro in die Kassen spülte, muss noch da sein. Ein Teil floss in den Sozialplan beim Personalabbau. Außerdem wurde der Schuldenberg weiter abgetragen – das ist übrigens eine der Hypotheken aus der turbulenten Vergangenheit. Als die AUA in einem beispiellosen Machtkampf die vor der Pleite stehende Lauda Air übernahm, kostete das die Ex-AUA-Vorstände Mario Rehulka und Herbert Bammer den Job und brachte mehr als zwei Mrd. Verbindlichkeiten.

Aber Geld allein ist nicht alles. Ob es die AUA langfristig schafft, ohne strategischen Partner auszukommen, hängt vor allem von ihrer Kostenstruktur ab. Da kann sie von Billig-Airlines noch viel lernen. Nach wie vor produziert die AUA zu teuer, rechnen Experten im Luftfahrtportal Austrian Aviation Net vor: 2007 kosteten die 26,4 Mrd. Passagierkilometer die AUA 2,3 Mrd, Euro. Das sind 9,8 Cent pro Sitzkilometer. Die größte US-Fluglinie American gibt nur 4,5 Cent aus.

Auch das hängt übrigens mit Sünden der Vergangenheit zusammen. Denn der unter Ötschs Vorgänger Vagn Sørensen erst nach einer Streikserie paktierte neue Kollektivvertrag für das fliegende Personal birgt mehr Nach- als Vorteile. Billiger ist das Gehaltsschema nämlich erst, wenn viele junge Piloten fliegen. In den vergangenen Jahren stand die AUA aber auf der Personalbremse, schließlich musste gespart werden. Nicht gerade umsonst war dann der Golden Handshake, mit dem im Vorjahr 100 Piloten der Abgang versüßt worden ist.

Ein Pluspunkt der AUA ist sicher ihre Osteuropa-Strategie. Noch ist sie der Platzhirsch, aber vor allem die Lufthansa rüstet auf. Die Erweiterung des Operationsfeldes in den Nahen und Mittleren Osten – mit Al Jaber als Karawanenführer – macht daher Sinn. Allerdings begibt sich die AUA in dieser Region in das Revier von Emirates und Co. – und diese Airlines haben unendlich viel Geld.


Wäre ein strategischer Partner so ein Unglück? Nein, beweisen KLM und Swiss. Die KLM, die mit Air France die erste grenzüberschreitende Fusion in Europa schaffte, fühlt sich von den Franzosen keinesfalls unterdrückt und hebt mit ihnen Millionen an Synergien. Die Swiss schreibt unter den Fittichen der Lufthansa vier Jahre nach ihrem Crash wieder Gewinne.

Die Betriebsräte der AUA haben jedenfalls nicht so große Berührungsängste mit einem Partner. „Ein strategischer Investor muss ja nicht zwingend Lufthansa heißen. Es gibt Varianten, die für unser Unternehmen wesentlich vorteilhafter wären“, sagt Bordbetriebsratschef Michael Eder in der Personalzeitschrift „Bordfunk“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.03.2008)

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