Haub: „Zielpunkt wird nicht um jeden Preis verkauft“

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Tengelmann-Chef und Miteigentümer Christian Haub kann sich vorstellen, die Diskonter-Kette zu behalten.

Die Presse: Wie gut geht es dem Tengelmann-Konzern?

Christian Haub: Gut, wir schreiben solide schwarze Zahlen und stellen uns neuen Herausforderungen.

Indem Teile, wie das Diskonter-Geschäft, in einigen Ländern verkauft werden?

Haub: Prinzipiell ist es so, je breiter man als Unternehmen aufgestellt ist, desto mehr Ausgleichsmöglichkeiten von Schwankungen gibt es. Wir sind 140 Jahre alt, das ist schon etwas Besonderes. Und wenn man in manchen Bereichen nicht unbedingt mehr in der Lage ist, gegen die große Konkurrenz anzukämpfen, muss man neue Wege gehen.

Das heißt, man trennt sich von Teilen. Wann wird denn die Entscheidung fallen, ob Zielpunkt beziehungsweise Plus in Österreich verkauft wird?

Haub: Kein Kommentar. Aber wir wollen nicht um jeden Preis verkaufen. Man muss überlegen, ist es für die Mitarbeiter und das Wachstum besser, neue Besitzer zu finden oder Partnerschaften einzugehen?

Das heißt, wenn sich kein geeigneter Käufer findet, dass Sie das Geschäft selbst weiterführen?

Haub: Das ist nicht ausgeschlossen.

Welche Länder sind für Tengelmann interessant, welche weniger?

Haub: Unsere Wachstumsrichtung ist Osteuropa und vor allem Russland. In Nordamerika hatten wir 2007 mit Pathmark eine große Akquisition und wir sehen hier, trotz der schwierigen wirtschaftlichen Situation, Wachstum. Wir achten darauf, wo verändert sich was, was ist zukunftsträchtig.

Sie leiten das Amerika-Geschäft von Tengelmann. Wie unterscheidet sich ein Supermarkt in den USA von Supermärkten in Europa?

Haub: Der Hauptunterschied ist, dass die Supermärkte in den USA wesentlich größer sind und daher die Artikelanzahl deutlich höher ist. Der US-Konsument kauft einmal pro Woche in sehr großen Mengen ein. In Europa hingegen ist der tägliche Einkauf noch mehr verbreitet, auch weil die Koch- und Esskultur in Europa besser ist.

Welche Trends orten Sie in den USA, die auch in Europa zu erwarten sind und umgekehrt?

Haub: Die Trends im Handel kommen derzeit mehr aus Europa. Vor allem aus England und Spanien kommen viele Ideen, wie man neue Läden konzipiert. Trend in den USA sind auch biologische Produkte und Fertiggerichte. Aber auch da sehe ich in Europa eine ähnliche Entwicklung. Interessant ist, dass Self Checkout (das Bezahlen der Waren ohne Kontakt zu einer Person an der Kasse) in allen Filialen stark zunimmt. In manchen Standorten wird bereits ein Drittel des Umsatzes so bezahlt.

Sie sind Deutscher, haben aber in Wien studiert. Wieso?

Haub: Ich hatte einen Großonkel, der in Wien lebte und der mich bei einer Familienfeier gefragt hat, ob ich nicht in Wien studieren will. Ich habe mir die Wirtschaftsuniversität angeschaut und mich sehr dafür begeistert. Den Schritt habe ich nie bereut.

Was hat Ihnen am Studium an der WU besonders gut gefallen, was weniger?

Haub: Gut die Nähe zur Wirtschaft, vor allem im zweiten Abschnitt. Weniger, die Anmeldungen zu Lehrveranstaltungen, wo man um fünf, sechs Uhr aufstehen und dann warten musste. Aber eigentlich habe ich keine negativen Erinnerungen, nur dass das Verwaltungsrecht sehr schwierig war.

Haben Sie noch Kontakt zu Studienkollegen?

Haub: Ja, sowohl in Österreich als auch in den USA. Meine Frau, die aus Vorarlberg stammt, habe ich auch während des Studiums kennen gelernt. Daher bin ich mindestens zwei Mal im Jahr in Österreich.

Besuchen Sie, wenn Sie Station in Österreich machen, Filialen ihres Konzerns?

Haub: Ja. Auch zu Studienzeiten habe ich immer wieder in der damaligen Löwa-Zentrale vorbei geschaut. In Vorarlberg gibt es keinen Zielpunkt, aber Kik und Obi.

Wie sehen Sie die österreichische Handelslandschaft?

Haub: Sie hat sich gravierend verändert. Was auffällt, ist, wie stark die Diskonter sind und wie sehr Rewe und Spar dominieren.

Wenn man in der fünften Generation Händler ist, wie sehr prägt einen das?

Haub: Stark, obwohl die Eltern nie darauf gedrängt haben, dass wir uns auf das Geschäft konzentrieren sollen.Aber das Geschäft war oft Thema am Familientisch, wir waren bei Filialeröffnungen, von da ist es ganz natürlich. Ich habe in den USA einige Zeit in einer Bank gearbeitet, aber mir wurde klar, das ist nicht der richtige Weg, ich wollte ein eigener Unternehmer sein.

Hoffen Sie, dass Ihre Kinder einmal ins Geschäft einsteigen werden?

Haub: Ich hoffe, dass es mir ähnlich gelingt, wie meinen Eltern, ohne Zwang. Drei meiner vier Kinder, sie sind zwischen 13 und 17 Jahren, haben bereits Einzelhandelsluft geschnuppert und in Filialen und im Büro mitgearbeitet.

Was ist das Spannende am Handel?

Haub: Im Handel läuft jeden Tag etwas, man hat jeden Tag Umsätze und sieht schnell, welche Initiativen Anklang finden. Es gibt immer neue Trends, man kann nicht ausruhen. Und diese Schnelllebigkeit macht es spannend.

Sie teilen sich mit Ihren Brüdern die Kapitalmehrheit und die Verantwortung beim Tengelmann-Konzern. Wie werden die Entscheidungen gefällt?

Haub: Wir tauschen uns regelmäßig aus, besprechen uns in strategischen Dingen. Wir haben einen Beirat, der wie ein Aufsichtsrat funktioniert, für strategische Entscheidungen. Es funktioniert letztlich nicht anders als bei einer Aktiengesellschaft, zumindest so lange die Familie einig ist.

AUF EINEN BLICK

Tengelmann ist ein Konzern mit mehr als 8000 Filialen, 24,52 Mrd. Euro Umsatz und 151.000 Mitarbeitern. In Österreich ist das Unternehmen mit der Textilkette Kik, der Baumarktkette Obi und dem Lebensmittel-Diskonter Zielpunkt/Plus tätig. Das deutsche Familienunternehmen wurde 1867 gegründet – Christian Haub leitet es gemeinsam mit seinen Geschwistern.

Die Geschichte von Tengelmann ähnelt der von Julius Meinl in Österreich: Ursprüngliches Geschäft war der Import von Kaffee, Tee und Kakao. Dann kam der Handel dazu, 1972 begann Tengelmann mit der Auslandsexpansion. Derzeit ist das Unternehmen in 15 Ländern tätig.

Christian Haub studierte von 1984 bis 1989 in Wien, lernte dabei seine Frau kennen und ist deshalb oft in Österreich, auch wenn er in New York für das Amerika-Geschäft von Tengelmann verantwortlich ist.

Am 23. April wird Haub ab 18 Uhr an der Wiener Wirtschaftsuniversität einen Vortrag halten. Anmeldungen unter www.alumni.at oder judith.stoy@wu-wien.ac.at. [A&P]

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.04.2008)

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