Bank Burgenland: GraWe muss 55 Mio. Euro nachzahlen

(c) APA (Hans Klaus Techt)
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EU-Wettbewerbs-hüter orten unerlaubte Beihilfe und verlangen Millionen-Nachzahlung. Österreichische Stellen hatten bis zuletzt versucht, den Negativbescheid abzuwenden.

Brüssel/Wien. Heute, Mittwoch, wurde in Brüssel offiziell verkündet, was die Spatzen seit Wochen von den Dächern pfeifen: Die EU-Kommission ortet beim Verkauf der Bank Burgenland an die Grazer Wechselseitige (Grawe) eine unerlaubte Beihilfe. Das wurde der „Presse“ aus EU-Kreisen bestätigt. Die Grawe bot 55 Mio. Euro weniger als eine ukrainische Bietergruppe rund um den Mischkonzern Ukrpodshipnik, bekam aber vom Land dennoch den Zuschlag. Die Ukrainer wandten sich darauf hin an die EU.

Die Entscheidung der Brüsseler Wettbewerbshüter war dem Vernehmen nach nicht einstimmig. Österreichische Stellen – eingeschaltet waren sowohl Vertreter der Bundesregierung als auch des Landes Burgenland und sogar EU-Außenkommissarin Benita Ferrero-Waldner – hatten bis zuletzt versucht, den Negativbescheid abzuwenden. Anfang April war eine Delegation unter Führung von Landeshauptmann Hans Niessl (SPÖ) zu EU-Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes gepilgert.

Namens der Republik Österreich, im Beihilfeverfahren Bank Burgenland Ansprechpartnerin der Brüsseler Behörde, hat zuständige Wirtschaftsminister Martin Bartenstein gegenüber der APA angekündigt, gegen die "unverständliche" Entscheidung der EU-Kommission vor dem EuGH berufen zu wollen.

Nach dem Spruch der EU-Wettbewerbshüter muss nun die Grawe, die für die Bank Burgenland 100,3 Mio. Euro bezahlt hatte, die 55 Mio. Euro – die Differenz zum Offert der abgeblitzten Ukrainer – nachzahlen. Andernfalls müsste der Verkauf der Bank rückgängig gemacht werden, sie fiele dann an das Land zurück. Grawe-Chef Othmar Ederer am Dienstag zur „Presse“ auf die Frage, ob er den Millionenbetrag auf den Tisch legen werde: „Wir werden erst dann Stellung nehmen, wenn wir das Erkenntnis der EU im Detail geprüft haben. Dann werden wir weitere Schritte einleiten – hoffentlich die richtigen.“

Eingeweihte gehen nicht davon aus, dass der Bankverkauf rückgängig gemacht wird. Die Grawe hat die Bank, die im Jahr 2000 wegen riesiger Verluste fast pleite gegangen wäre und nur dank einer Landeshaftung überlebte, bereits in ihren Konzern integriert. Außerdem brachte die Bank Burgenland einen riesigen Verlustvortrag mit, den die Grawe steuerlich gut gebrauchen konnte. Nutzt Ederer sein vertraglich fixiertes Rücktrittsrecht, dann droht ihm eine saftige Steuernachzahlung.

Im Kaufvertrag ließ die Grawe festschreiben, dass ihr eine allfällige Nachzahlung – mit der man offenbar zumindest im Hinterkopf bereits gerechnet hatte – vom Land Burgenland refundiert wird. Damit sei, so Juristen, die Grawe allerdings nur theoretisch aus dem Schneider. Wenn das Land selbst die 55 Mio. Euro übernimmt, sei dies mit ziemlicher Sicherheit in den Augen der EU neuerlich eine unerlaubte Beihilfe.

Sicher ist, so hört man, dass gegen die heute veröffentlichte Entscheidung der EU Rechtsmittel ergriffen werden. Entweder wird das Land Burgenland oder die betroffene Grawe den Europäischen Gerichtshof anrufen. Man hofft, mit den jetzt in Brüssel vergeblich vorgebrachten Argumenten dort mehr Gehör zu finden. Unter anderem hatte das Land Burgenland – gestützt auf ein Gutachten der Investmentbank Morgan Stanley – darauf verwiesen, dass es noch bis zum Jahr 2017 mit 3,5 Mrd. Euro für die Bank die Haftung habe und versucht, damit den Preisunterschied zu rechtfertigen. Bis zur endgültigen Entscheidung des EuGH kann sich das Verfahren Jahre hinziehen. Der Rekurs hat keine aufschiebende Wirkung, die Millionen-Nachzahlung muss also geleistet werden.

Erst im dritten Anlauf verkauft

Die Privatisierung der Bank Burgenland stand von Anfang an unter keinem guten Stern. Der erste Verkaufsversuch erfolgte im Jahr 2003. Zunächst tauchten einige Interessenten auf, die wieder absprangen, als in der Bank neue „Altlasten“ auftauchen. Die Hypo Alpe-Adria schaffte es bis ins Finale, zog sich dann aber überraschend zurück. 2005 erfolgte der zweite Anlauf. Landeshauptmann Hans Niessl präsentierte den Industriellen Mirko Kovacs als Bestbieter und neuen Eigentümer. Doch die anderen Parteien im burgenländischen Landtag legten sich gegen den Deal quer, Kovats zog sein Angebot zurück. Im dritten und letzten Anlauf ging die Bank schließlich an die Grawe. Zu billig, wie die EU nun feststellte.

AUF EINEN BLICK

Zu billig hat nach Auffassung der EU-Kommission die Grazer Wechselseitige die Bank Burgenland gekauft. Eine ukrainische Gruppe hatte 55 Mio. Euro mehr geboten, war aber abgeblitzt. Die EU sieht in der Preisdifferenz eine unerlaubte Beihilfe. Sie verlangt eine Nachzahlung, andernfalls müsse der Bankverkauf rückgängig gemacht werden. Land Burgenland oder Grawe wollen nun den EuGH anrufen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.04.2008)

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