EuGH-Anwalt: Teurer AUA-KV bleibt trotz Kündigung aufrecht

APA/ROBERT JAEGER
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Der vom AUA-Management gekündigte Kollektivvertrag bleibt so lange gültig, bis eine neue Vereinbarung abgeschlossen wird. Der Generalanwalt verweist auf österreichisches Gesetz.

Der vom Vorstand der Austrian Airlines (AUA) vor zwei Jahren gekündigte Kollektivvertrag (KV) für das AUA-Bordpersonal wirkt nach, so der Generalanwalt des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) am Dienstag in seinem Schlussantrag. Das EuGH-Urteil wird für den Herbst erwartet. Die Richter folgen in vier von fünf Fällen den Generalanwälten. Das Gutachten gilt als Erfolg für den Betriebsrat.

Generalanwalt Cruz Villalon kommt zu dem Ergebnis, dass "die in einem Kollektivvertrag vereinbarten Arbeitsbedingungen auch die Bedingungen einschließen, die durch eine der Kündigung des Kollektivvertrags vorausgegangene innerstaatliche Rechtsvorschrift, die gewährleistet, dass der Kollektivvertrag nach seiner Kündigung in abgeschwächter und begrenzter Form fortbesteht, aufrechterhalten werden".

AUA: "Nur ein Signal"

Die Rechtsmeinung des EuGH-Generalanwalts bringt den AUA-Vorstand unter Druck. "Wir werden unseren Handlungsspielraum neu bewerten und über Alternativen beraten", sagte Pressesprecher Peter Thier am Dienstag zur APA. Der Schlussantrag des Generalanwalts sei aber nur ein "Signal". Man werde erst im Herbst sehen, ob der Europäischen Gerichtshof dieser Rechtsmeinung folgt. Das letzte Wort in der Frage, ob der AUA-KV nachwirkt, habe dann der Oberste Gerichtshof (OGH) in Österreich, so Thier. Der OGH hatte sich im Vorjahr mit der Frage an die Richter in Luxemburg gewendet.

"Wir haben das AVRAG (Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz, Anm.) auf Punkt und Beistrich erfüllt", betonte Thier. Der Generalanwalt hat bei seiner Begründung aber auf das Arbeitsverfassungsgesetz verwiesen. Dieses besagt, dass Kollektivverträge solange nachwirken, bis ein neuer KV oder Einzelverträge abgeschlossen werden.

Rechtssicherheit

Der KV sei insofern abgeschwächt, als die Parteien individuell vereinbaren können, von seinem Inhalt abzuweichen, so der Generalanwalt Villalon. Er sei begrenzt, weil seine Geltung erlischt, sobald ein neuer Kollektivvertrag geschlossen wird, erläutert Villalon. Der gekündigte AUA-KV wirkt damit nach Rechtsmeinung des Generalanwaltes bis zum Abschluss eines neuen Kollektivvertrages oder bilateraler Vereinbarungen nach.

Villalon begründet dies mit einem österreichischischen Gesetz (Arbeitsverfassungsgesetz, Anm.), wonach Kollektivverträge nachwirken. Der Gesetzgeber habe das in einer innerstaatlichen Rechtsvorschrift "zum Zweck der Aufrechterhaltung der Rechtssicherheit" ausdrücklich vorgesehen. Dies sei bei Abschluss eines Arbeitsvertrages bekannt gewesen.

Erfolg für Betriebsrat

Die Aufrechterhaltung sei im Einklang mit den europäischen Rechtsvorschriften "als eine natürliche Verlängerung der vom Arbeitnehmer zuvor erlangten Rechte und Pflichten zu verstehen". Die Nachwirkung habe insbesondere den Zweck einer Garantie und erhält schlicht im Interesse der Rechtssicherheit den "status quo" aufrecht, so der Generalanwalt. "In einem solchen Fall sind die aus einem nachwirkenden Kollektivvertrag abgeleiteten Rechte und Pflichten, als bloße Fortsetzung der vorherigen Situation, die vereinbarten Arbeitsbedingungen." Villalon verweist in seinem Schlussantrag auch darauf, dass diese Auslegung durch die bisherige Rechtsprechung des EuGH bereits bestätigt wurde.

Die Rechtsmeinung des Generalanwalts ist Wasser auf den Mühlen des Betriebsrats. Gewerkschaft und Betriebsrat klagten den AUA-Vorstand, weil sie darauf pochten, dass der gekündigte AUA-KV nachwirkt. Das Management hingegen hat in den letzten zwei Jahren einseitig festgelegte "Unternehmensrichtlinien" angewendet, die die zur Regionaltochter Tyrolean verfrachteten Piloten und Flugbegleiter deutlich schlechter stellten. Der Schlussantrag stärkt dem Betriebsrat auch den Rücken in den aktuellen KV-Verhandlungen, die vergangene Woche wieder gehörig ins Stocken gerieten. Der Bordbetriebsrat sieht den gekündigten AUA-KV als "Basis" für die Verhandlungen. Der Vorstand wiederum warnt, dass das die Airline ins "wirtschaftliche Out" manövrieren würde.

(APA)

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