Haben die Banken den Staat in die Irre geführt?

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THEMENBILD: BAUKONZERN ALPINE(c) BARBARA GINDL / APA / picturedes (BARBARA GINDL)
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Wegen Garantien für Alpine-Kredite streitet sich der Staat mit sieben österreichischen Banken. Am Freitag sagte der zuständige Mitarbeiter aus, dass er von den Alpine-Problemen aus der Zeitung erfahren habe.

Wien. Am Wiener Handelsgericht wurde am Freitag die Klage von sieben Banken gegen den österreichischen Staat behandelt. Es geht um Staatsgarantien für den mittlerweile insolventen Baukonzern Alpine. Zum Höhepunkt der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/2009 übernahm der Staat für Kredite, die Banken an Firmen vergaben, Haftungen von 1,4 Milliarden Euro. Davon entfielen 180 Millionen auf die Alpine. Mit dem Konkurs des Alpine-Konzerns sind noch 151,4 Millionen Euro ausständig. Der Staat weigert sich zu zahlen. Er behauptet, von den Banken in die Irre geführt worden zu sein.

Am Freitag wurden dazu vor Gericht zwei Mitarbeiter der Kontrollbank als Zeugen befragt. Die Kontrollbank gehört den österreichischen Großbanken. Sie hat für den Bund die Prüfung des Alpine-Antrags übernommen. Ende Oktober 2009 war bei der Kontrollbank der Antrag des Baukonzerns eingelangt. Schon einen Monat später, Ende November 2009, gab es einen positiven Bescheid durch den entsprechenden Beirat.

Der für Alpine zuständige Kreditprüfer der Kontrollbank sagte vor Gericht aus, dass er alle wesentlichen Unterlagen über den Baukonzern von den Banken erhalten habe. Er habe den Antrag genehmigt, obwohl er nie in den Räumlichkeiten von Alpine gewesen sei. Er sei weder im Alpine-Büro in Wien noch in Salzburg gewesen. Manche Informationen habe er, so der Kontrollbank-Mitarbeiter, auch direkt von Alpine angefordert. Doch auch hier seien grundsätzlich die anderen Banken eingebunden gewesen. Zur Plausibilität der Alpine-Angaben sah sich der Kontrollbank-Mitarbeiter auch die Lage bei den Konkurrenz-unternehmen, Strabag und Porr, an. Strabag und Porr sind börsenotiert. Zu beiden Unternehmen holte sich der Kontrollbank-Mitarbeiter die Unterlagen aus dem Internet, von Strabag habe es zudem ein externes Rating gegeben.

Den Unterlagen vertraut

Auch nach der Garantieübernahme hat die Kontrollbank den vorgelegten Unterlagen vertraut. Jedes Jahr erhielt man die Jahresabschlüsse des Baukonzerns und überprüfte diese. Von den Problemen bei Alpine habe die Kontrollbank laut Aussage ihres Mitarbeiters erst im Oktober 2012 erfahren. Damals war im Nachrichtenmagazin „Profil“ ein Bericht erschienen, dass sich Alpine in schweren Turbulenzen befinde.

Dem Bericht zufolge durchforstete der Wirtschaftsprüfer KPMG die Alpine-Bilanzen. Demnach seien Projekte falsch abgerechnet und für nicht werthaltig erkannt wurden. Daher drohten Alpine in der Bilanz 2012 Wertberichtigungen von 300 bis 400 Millionen Euro. Laut KPMG wies die Konzerndachgesellschaft Alpine Bau Gesellschaft Ende Juni 2012 mit 138 Millionen Euro ein negatives Eigenkapital auf. Die Kontrollbank erfuhr erst durch den „Profil“-Artikel vom KPMG-Gutachten. Danach habe es Sitzungen mit den involvierten Banken gegeben, erzählte der Kontrollbank-Mitarbeiter. Doch die Banken schätzten damals die Lage für bewältigbar ein.

Auch nach Bekanntwerden der Probleme sei das Entgelt für die Staatsgarantie in der Höhe von zwei Prozent nicht angehoben oder an die wirtschaftliche Lage angepasst worden. Im Juni 2013 schlitterte Alpine in Konkurs. Die Republik behauptet, es gebe Anhaltspunkte, dass die Alpine schon viel früher Probleme hatte. Hätten die Banken den Bund darüber informiert, hätte dieser keine Garantien gewährt. Im September soll der nächste Zeuge befragt werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.06.2014)

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