Verbund: Strompreis steigt 2017 um die Hälfte

Verbund-Chef Wolfgang Anzengruber
Verbund-Chef Wolfgang Anzengruber(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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In drei bis fünf Jahren will Verbund-Chef Wolfgang Anzengruber das eingemottete Gaskraftwerk Mellach wieder in Betrieb nehmen. Der deutsche Atomausstieg werde den Börsenpreis dann weit genug nach oben treiben.

Wien. „Planwirtschaft!“ Seit einigen Jahren kommt Verbund-Chef Wolfgang Anzengruber an diesem Wort nicht mehr vorbei. Wenn er seinen Aktionären erklären muss, warum ihre Papiere in den vergangenen Jahren fast drei Viertel ihres Werts verloren haben. Wenn seine Mitarbeiter fragen, warum sie ein 130 Millionen Euro schweres Sparprogramm umgehängt bekommen. Wenn Journalisten wissen wollen, wieso eben teuer gebaute Gaskraftwerke wieder eingemottet werden. Die Antwort ist stets dieselbe: 15 Jahre nachdem die EU beschlossen hat, den Strommarkt zu liberalisieren, hat die Planwirtschaft die Branche schon wieder fest im Griff.

Kohle, Wind, Sonne, Atomkraft. Kaum ein Energieträger wird derzeit nicht von staatlicher Hand alimentiert. Als wäre das nicht marktverzerrend genug, hat die EU auch noch ein CO2-Handelssystem erfunden – und mit der Verteilung von Unmengen an Gratiszertifikaten selbst gleich wieder zunichtegemacht.

Die Folgen bekommen Europas Energieversorger deutlich zu spüren. In den vergangenen fünf Jahren sind die Großhandelspreise für Elektrizität um 50 Prozent gefallen. Reihenweise müssen die Energiekonzerne Kraftwerke dichtmachen, weil sie sich angesichts des künstlich aufgeblähten Stromangebots einfach nicht mehr rechnen. Der Verbund hat eben erst angekündigt, drei hochmoderne Gaskraftwerke – eines im steirischen Mellach und zwei in Frankreich – einmotten zu wollen. Das älteste von ihnen ist gerade drei Jahre alt.

Verbund verkauft Flexibilität

Doch das Blatt wird sich wenden, ist Anzengruber überzeugt. Spätestens in den Jahren 2017/2018, wenn in Deutschland die ersten Atomkraftwerke vom Netz gehen und auch Kohlekraftwerke zunehmend unter Druck kommen, werde es eine gewaltige Lücke in der Stromerzeugung geben. Der Strompreis werde an den Börsen „um bis zu 50 Prozent“ in die Höhe schießen, sagte Anzengruber im Klub der Wirtschaftspublizisten. Dann will der Verbund-Chef auch die heute unrentablen Gaskraftwerke in Mellach und in Frankreich wieder in Betrieb nehmen.

Bis es so weit ist, stehen dem Verbund aber noch magere Jahre bevor. Mit 90 Prozent Produktionsanteil aus der Wasserkraft hat der Konzern zwar ein vergleichsweise konkurrenzfähiges Kraftwerksportfolio und die verlustreichen Auslandstöchter sind weitgehend abgeschrieben. Doch ohne weitere Einsparungen wird es nicht gehen.

Bis 2016 will das Unternehmen 130 Mio. Euro und 250 Mitarbeiter (von knapp über 3000) einsparen. Investitionen in neue Kraftwerke sind vom Tisch. Frisches Geld steckt der Verbund hingegen in das Milliardengeschäft „energienahe Dienstleistungen“. Darunter fällt etwa der erste „Power Pool“ Österreichs, der in wenigen Wochen den Betrieb aufnehmen soll.

Dabei übernimmt der Verbund teilweise das Strommanagement von Industriekonzernen und bündelt es zu einem „virtuellen Kraftwerk“, das er je nach Bedarf an- und ausschalten kann. Das Geld, das sich mit diesen flexiblen Kapazitäten verdienen lässt, teilen sich die Industriebetriebe mit dem Verbund. (auer)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.06.2014)

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