Als das U-Boot im Internet versank

Marwan Saba
Marwan SabaTeresa Zötl
  • Drucken

Das Start-up war ein Vorreiter der Social Networks, lang bevor Facebook die ganze Welt erobert hat. Die schwarz-grüne Oberfläche war Kult, ebenso der Versand von Gratis-SMS. Was wurde eigentlich aus ...Uboot.com?

Die grün-schwarze Oberfläche war Kult. Jeder Österreicher, der zu den Early-Adoptern zählte und schon im Netz war, bevor der Rest der Welt lernte, eine Maus zu bedienen, war Mitglied bei Uboot.com. Irgendwie auch aus reinem Pragmatismus. Die Plattform war eine der ersten, die es erlaubte, Gratis-SMS über das Internet zu verschicken. Und das zu einer Zeit, als man noch jeden verflixten Buchstaben einzeln eingeben musste. Dreimal drücken, allein beim Buchstaben L!

Auch die Preise waren damals deutlich höher als heute. Also Uboot.com. Dort gab es Nicknames und Chats, Adressbücher, Fotoalben und Platz für Videos.

Das machte das österreichische Unternehmen innerhalb kurzer Zeit zu einer der beliebtesten Plattformen in Österreich, Deutschland und England. Nach eigenen Angaben hatte das Unternehmen zu seinen besten Zeiten bis zu sechs Millionen User.

Viel Geld aus Deutschland. Gegründet wurde Uboot.com von der Firma ucp.ag (Universal Communication Plattform), hinter der Christian Lutz und Marwan Saba standen. Zu Ucp.ag gehörte ebenfalls die bis heute bestehende Plattform Sms.at, die ebenfalls mit Gratis-SMS bei Usern Gefallen fand.

Der Erfolg von Uboot.com hatte wohl auch damit zu tun, dass sehr schnell sehr viel Geld in die Firma floss. 2000 steckte die Deutsche Telekom 36,8 Millionen hinein. Doch dann haben sich die Entwicklungen selbst überschlagen. Neue Social-Media-Seiten gelangten auf den Markt, SMS zu verschicken wurde anderswo möglich und allgemein billiger, gleichzeitig stellte Uboot.com 2002 den Gratis-SMS-Versand ein. Seiten wie MySpace wurden allmählich auch in Österreich groß, StudiVZ begann seinen Siegeszug und irgendwann war alles interessanter als die schwarz-grüne Plattform, die kontinuierlich an Usern verlor. 2010 waren es noch 200.000.

Doch selbst diese Karteileichen wollte man wiederbeleben. 2011 stieg Daniel Mattes bei Uboot.com ein. Er zählt zu Österreichs erfolgreichsten Silicon-Valley-Exporten und hat die Unternehmen Jumio und Jajah gegründet. Letzteres war ein Internet-Telefoniedienst, der 2009 um satte 145 Millionen Euro an den spanischen Netzbetreiber Telefonica verkauft und mittlerweile eingestellt wurde. Mit Jumio ist Mattes noch heute tätig, dabei können Webcams in ein Kreditkartenlesegerät verwandelt werden.

Bei Uboot.com hatte schon 2010 ein neues Team das Ruder übernommen: Neue Geschäftsführerin wurde Marlis Rumler, Stefan Unterberg, (der zehn Jahre lang Onlineportale für das Vorarlberger Medienhaus managte) war für die Strategie zuständig und Stefan Schmertzing für das Marketing.

„Wetten, ich kann...“ Social Gaming lautete dieses Mal das Schlagwort. Der Plan war, mit sozialen Wetten die User wieder auf die Plattform zu locken. „Dabei ging es nicht um Geld, sondern um Alltägliches. Etwa: Ich wette, ich kann schneller eine ganze Pizza essen als du“, erzählt ein Weggefährte von damals. Nach Mattes Einstieg wollte man weitere US-Investoren ins (U-)Boot holen. Dafür erschien die Plattform in neuem Design und mit verbesserter Funktion. Man konnte sich mehrere Identitäten zulegen (etwa eine berufliche und eine private) und somit seine Privatsphäre besser schützen.

Doch das Konzept ist nie wirklich aufgegangen. Bis auf die große Pressekampagne beim Wiederbelebungsversuch hat man nie wieder etwas von Uboot.com gehört. Vor einem halben Jahr wurde das Angebot eingestellt. Die Uboot-Seite funktioniert nicht mehr.

Die Beteiligten haben sich anderen Projekten gewidmet. Kommunikationsexperte Stefan Schmertzing ist nach wie vor mit der Agentur Wunderknaben aktiv, die ehemalige Geschäftsführerin Marlis Rumler ist Mutter geworden. Und Marwan Saba? Er hat die Polaroidfotografie mit „The Impossible Projekt“ wiederbelebt. Außerdem den Web-Kleidershop Soupandfish.com gegründet. Diesen gibt es nicht mehr. Derzeit verwaltet Saba nach eigenen Angaben mit seiner Schweizer Firma Azzurro Investment AG seine Assets.

Factbox

1999 wurde Uboot.com gegründet

0 Cent. Mit dem Versand von Gratis-SMS ist die Plattform unter anderem groß geworden.

2006 hatte die Plattform nach eigenen Angaben sechs Millionen User.

2010 waren es nur mehr 200.000.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.06.2014)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.