Willi Goldschmidt: Der Aufsteiger von Eltendorf

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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In seinem beruflichen Leben hat Willi Goldschmidt alles erreicht: Mit seiner Energiefirma in Asien wurde er zum Millionär. Jetzt kehrt er nach Österreich zurück, um dem Fußballclub seiner Jugend zum Aufstieg zu verhelfen. Das lässt er sich Millionen kosten.

Willi Goldschmidt ist nicht oft in Österreich. Und wenn, dann auch nicht wirklich: Dann lebt er in einer Art amerikanischen Vorstadt. So sieht es aus im Luxuswohnpark Fontana in Oberwaltersdorf, neben dem gleichnamigen Golfplatz. Hier ist nichts gewachsen, alles künstlich angelegt, proper, ruhig – und fast wie aus Zucker gegossen. Hier wohnen Menschen, die es zu etwas gebracht haben, viele Deutsche, Russen. Einer von Willi Goldschmidts Nachbarn ist Frank Stronach. Den Vergleich mit dem Milliardär mag Goldschmidt nicht. Obwohl ihre Geschichten ganz ähnlich klingen.

Im Wohnzimmer von Goldschmidts neumodischer Villa findet man keine Bücher, keine CDs, nur die nötigste Einrichtung und einen großen Flachbildfernseher. Im Haus werken Goldschmidts Schwester und ihr Mann. Er selbst ist quasi nur zu Gast. Eigentlich lebt der 54-jährige Millionär in Indonesien. Dort führt er Navigat Energy, einen der wichtigsten Energieversorger des Landes. Wenn er schon in Österreich ist, beschäftigt er sich vor allem mit Fußball. Besonders mit dem SV Eltendorf, einem kleinen Verein im Südburgenland, aus Goldschmidts Heimatgemeinde. Dort ist er Präsident. Er will den SV Eltendorf erst in die Landes- und dann in die Regionalliga bringen. Mit seinem Einsatz und mit seinem Geld.

Willi Goldschmidt sitzt in der Laube seines großzügigen, aber spärlich ausgestatteten Gartens. Er trägt T-Shirt und kurze Hose. Kein Getue, kein Protz – abgesehen von seiner Villa weist nichts darauf hin, dass er quasi aus dem Nichts heraus alles geschafft hat. Träfe man ihn auf der Straße, wäre er ein ganz normaler Österreicher. Vor Kurzem kaufte er für 600.000 Euro das Nachbargrundstück dazu, darauf stehen jetzt zwei Fußballtore. Manchmal spielen hier seine Söhne, Orlando und Brandon, sechs und zwölf Jahre alt.
Goldschmidts Firma sponsert auch den österreichischen Golfer Bernd Wiesberger. Aber den SV Eltendorf finanziert er privat. Eine Herzensangelegenheit. In seinen Zwanzigern kickte er selbst im Mittelfeld des SV Eltendorf, der damals noch in der Landesliga spielte. „Mit der richtigen Einstellung und etwas Glück hätte es für die Bundesliga gereicht“, sagt er.

Aufbruch mit 27 Jahren. Heute spielt der SV Eltendorf nur noch in der 2. Liga Süd. Geht es nach Willi Goldschmidt, soll diese Episode bald vorbei sein. Er hat den Aufstieg des Vereins im Detail geplant. Das ist zwar seine Freizeitbeschäftigung – aber er nimmt die Angelegenheit deshalb nicht minder ernst. Im Moment rüstet er die Infrastruktur auf: Das Stadion wird komplett umgebaut, die Tribüne hergerichtet, die Kabinengänge vergrößert. Die Homepage wird völlig neu gestaltet, und der SV Eltendorf ist wohl auch der einzige Verein in seiner Klasse, der einen Pressesprecher hat. Alles soll schön sein und vor allem professionell. „Damit die guten Kicker einen Grund haben, für den SV Eltendorf zu spielen“, so Goldschmidt. An den Aufstieg der Eltendorfer geht er ähnlich heran wie an seine berufliche Karriere. Mit dem Verein will er so professionell umgehen wie mit einer Firma.

Was die Chancen für dessen Aufstieg gut aussehen lässt. Denn Goldschmidt ist, auch wenn ihn die Öffentlichkeit nicht kennt, gewiss einer der erfolgreichsten Österreicher. 1987, mit 27 Jahren, verließ er sein Heimatdorf Zahling im südburgenländischen Eltendorf in der Gemeinde Jennersdorf und ging in die Schweiz. Er ist das jüngste von sieben Kindern, seine Eltern starben früh. „Mich hat hier überhaupt nichts gehalten. Also habe ich alle meine Sachen in einen alten Golf gepackt und bin losgefahren.“ Ohne Stelle, ohne Wohnung. Ohne nennenswerte Ersparnisse. Im Gepäck hatte er nur seine Lehre zum Werkzeugmacher. „Irgendwie schon“ auch mit dem Ziel, als Unternehmer reich zu werden, sagt Goldschmidt.

Er fand schnell einen gut bezahlten Job bei einem Schweizer Konzern. Der führte ihn mit nur 28 Jahren nach Indonesien, wo er, sehr zur Zufriedenheit seines Arbeitgebers, Textilmaschinen verkaufte und aufbaute. Aber Goldschmidt sah sich nicht nur als Vertreter. 1994, mit 34 Jahren, machte er sich selbstständig. Er kaufte Textilmaschinen auf, die in Europa nicht mehr gebraucht wurden – etwa von Vossen und Linz Textil – und schiffte sie ins indonesische Textilzentrum Bandung. Binnen weniger Jahre war die Firma auf 80 Mitarbeiter und 30 Millionen Dollar Jahresumsatz angewachsen. Willi Goldschmidt hatte es zu Geld gebracht. Aber es war ihm noch nicht genug.

Jugendtraum Fußballverein. Das Asien der späten 1990er-Jahre war ein fruchtbarer Boden für seinen Erfolgsdrang. Nach der Asienkrise lag die Wirtschaft darnieder, „Energie war teuer und quasi nicht vorhanden“, erzählt er. Und Goldschmidt hatte keine Angst davor, etwas Neues zu probieren. Also wechselte er in die Energiebranche, gründete die Firma Navigat Energy und wurde offizieller Distributor des Gasmotoren-Herstellers GE Jenbacher in Tirol. Die Navigat-Gruppe wurde einer der größten Energieversorger des Landes.  Mittlerweile beschäftigt er rund 700 Mitarbeiter und setzt fast 400 Millionen Dollar pro Jahr um. Genug, um sich zur Ruhe zu setzen. Sein Ziel ist, in den nächsten eineinhalb Jahren bis knapp an die Milliarde zu wachsen und Navigat an die Börse zu bringen. Danach wird Willi Goldschmidt ein sehr reicher Mann sein. Dann will er sich aus der Firma zurückziehen und „auf Raten“ nach Österreich zurückkommen.

Läuft alles nach Plan, ist der SV Eltendorf dann schon Meister und spielt in der Landesliga. In dieser Saison wurde er nur Dritter, hinter Eberau und Kaltenbrunn. „Wir konnten dem Druck nicht standhalten“, sagt Goldschmidt. „Aber in dieser Saison schaffen wir es hundertprozentig.“
Damit würde er nicht nur dem Verein, sondern auch sich selbst einen Traum erfüllen. In der Jugend verbrachte er viel Zeit im SV Eltendorf, wo es „an allen Ecken und Enden“ fehlte. Irgendwann versprach er, dem Verein zu helfen. In den nächsten Jahren will er drei Millionen Euro investieren. Der alte Trainer musste kürzlich dem ehemaligen GAK-Profi Enrico Kulovits Platz machen. Als Goldschmidt zwei Legionäre aus Argentinien nach Eltendorf holte, war das eine Sensation. „Das hat es davor noch nie gegeben“, sagt er. Und er sagt es voller Stolz. Zwei Profis für die fünfte Spielklasse? Auch das war eine Novität. Freilich, sagt Goldschmidt, rufe das auch Neider auf den Plan.

In der nächsten Saison wird es keine Legionäre geben. Überhaupt, sagt Goldschmidt, wäre es ihm am liebsten, wenn alle Spieler aus Eltendorf kämen. Bei knapp 1000 Einwohnern wird sich das nicht ganz ausgehen. Besonders die Jugend liege ihm am Herzen. Das klingt kitschig. Aber man nimmt es ihm irgendwie trotzdem ab.

Zur Person

Willi Goldschmidt wird 1960 als jüngstes von sieben Kindern im Südburgenland geboren. Mit 27 Jahren geht der gelernte Werkzeugmacher in die Schweiz und findet schnell einen gut bezahlten Job, der ihn auch nach Indonesien führt. 1994 macht er sich selbstständig. Seine Navigat-Gruppe ist heute einer der größten Energieversorger Indonesiens.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.06.2014)

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