Hypo-Investoren rüsten sich für Klagen

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Zum Hypo-Sondergesetz liegt nun das erste Privatgutachten vor. Demnach kann Österreich zwar Enteignungen vornehmen, doch dies ist ohne Entschädigung nicht ohne Weiteres zulässig. Das Gutachten dient als Grundlage für Klagen.

Wien. Im Streit um das Hypo-Sondergesetz gibt es nun das erste Privatgutachten. Es wurde, wie „Die Presse“ erfuhr, von der Wiener Anwaltskanzlei KWR erstellt und umfasst 50 Seiten. Auftraggeber ist ein deutsches Finanzunternehmen, das nachrangige Anleihen der Hypo Alpe Adria gezeichnet hat und nun einen Totalverlust erleiden soll. „Es ist zwar politisch verständlich, dass man versucht, Schaden von den Steuerzahlern abzuwenden. Dabei sind aber die verfassungsrechtlichen Grenzen einzuhalten“, sagt Professor Jörg Zehetner, unter dessen Leitung das Gutachten erstellt wurde. Zehetner ist Autor von zahlreichen Fachbüchern wie über das Eigenkapitalersatzrecht, Aktienoptionsrecht, Kartellrecht und Zessionsrecht.

Sobald das Hypo-Gesetz und die im Gesetz vorgesehene Verordnung der Finanzmarktaufsicht in Kraft getreten sind, sollen die ersten Klagen eingereicht werden.

Grundsätzlich bestehen laut Zehetner zwei Möglichkeiten: Die Investoren klagen die Hypo Alpe Adria oder das Land Kärnten. Im Zuge dieser Verfahren kann man anregen, das Zivilgericht möge die auf das Gesetz gestützte Verordnung beim Verfassungsgerichtshof anfechten. Parallel dazu besteht auch die Möglichkeit, direkt beim Verfassungsgerichtshof einen Individualantrag einzubringen. Dies verspricht aber nur Erfolg, wenn kein anderer Weg, etwa eine Zivilklage, zumutbar ist. Zehetner hält es für möglich, dass der Verfassungsgerichtshof schon im nächsten Jahr eine Entscheidung treffen könnte.

Laut dem Gutachten ist das Hypo-Sondergesetz verfassungswidrig. Dazu werden zwei Gründe angegeben. Einerseits greift das Gesetz massiv in die Eigentumsrechte ein, anderseits wird der Vertrauensschutz verletzt. „Grundsätzlich kann Österreich schon Enteignungen vornehmen, doch dies ist ohne Entschädigung nicht ohne Weiteres zulässig“, so Zehetner.

Er verweist hier auch auf die Judikatur des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) zum ersten Zusatzprotokoll zur Europäischen Menschenrechtskonvention. Darin heißt es, dass eine entschädigungslose Enteignung im Allgemeinen unzulässig ist. Darauf könnten sich auch deutsche Anleger berufen.

„Das ist ein starker Eingriff“

Laut „Presse“-Informationen wurden die meisten nachrangigen Hypo-Anleihen von deutschen Investoren gezeichnet. „Genauso schwer wiegt aber auch, dass mit dem Gesetz der in der Verfassung verankerte Vertrauensschutz gebrochen wird“, so Zehetner. „Die Anleger haben die Anleihen erworben, weil sie den Haftungen des Landes Kärnten vertraut haben.“ Sobald es in Österreich eine Bundes- oder Landeshaftung gibt, gelten Wertpapiere als mündelsicher. „Jetzt streicht der Gesetzgeber einfach die Verbindlichkeit und die Haftung. Das ist ein starker Eingriff“, sagt Zehetner.

Für den Anwalt handelt es sich hier um eine komplexe Materie, da davon nicht nur das Verfassungsrecht, sondern auch das Zivilrecht und das Europarecht betroffen sind. Auch wenn Zehetner der Regierung zugesteht, mit dem Gesetz eine „kreative Lösung“ gefunden zu haben, ist er überzeugt, dass das Gesetz vor dem Verfassungsgerichtshof nicht Bestand haben wird.

Auch andere Juristen weisen darauf hin, dass in Österreich eine Enteignung ohne Entschädigung nicht ohne Weiteres möglich ist. So hat beispielsweise Griechenland einen Schuldenschnitt vorgenommen. Dabei wurde aber den Besitzern von Staatsanleihen eine bestimmte Quote angeboten. Um einem langen Rechtsstreit zu entgehen, stimmten viele Investoren der Entschädigung zu.

Laut „Presse“-Informationen hatte auch das Finanzministerium in Österreich ursprünglich vor, den Käufern von nachrangigen Hypo-Anleihen eine Quote zu offerieren. Doch dieser Plan wurde später nach Beratungen mit dem Justizministerium fallen gelassen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.06.2014)

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