Finanzdebakel: Bulgarien färbt Telekom tiefrot

HAUPTVERSAMMLUNG DER TELEKOM AUSTRIA: AMETSREITER
HAUPTVERSAMMLUNG DER TELEKOM AUSTRIA: AMETSREITERAPA/HERBERT PFARRHOFER
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Ein Wertberichtigungsbedarf für die Mobiltel in Höhe von 400 Mio. Euro reißt die Telekom heuer in die Verlustzone. Das Engagement von Carlos Slim droht zu platzen.

Ronny Pecik, Vize-Aufsichtsratspräsident und Statthalter für Großaktionär Carlos Slim, sieht die Telekom Austria in einer „Todesspirale". So hat der Investor Regierungsvertretern die Situation des Konzerns im Jänner geschildert. Wie sich jetzt herausstellt, ist die Situation noch viel katastrophaler: Der seit Monatsbeginn amtierende neue Finanzvorstand Siegfried Mayrhofer hat nach einem ersten tiefen Blick in die Bücher eine gewaltige Lücke entdeckt, die die bulgarische Tochter Mobiltel betrifft. Es geht um einen Wertberichtigungsbedarf von 400 Mio. Euro.

Der Telekom-Aufsichtsrat, dessen Präsidium unter Vorsitz von ÖIAG-Chef Rudolf Kemler laut „Presse"-Informationen erst am Montag darüber informiert worden ist, hat daher am Mittwoch eilends eine Krisensitzung einberufen. Dort wurden Gegenmaßnahmen diskutiert. Eine Gewinnwarnung im eigentlichen Sinn gab es nach dem Treffen nicht, da die Telekom nur für den Umsatz, Investitionen und die Dividende eine Guidance abgegeben hatte. Und die bleibt unverändert: erwartet wird ein Umsatzrückgang von drei Prozent, Investitionen von 700 Mio. Euro und die unveränderte Dividende von fünf Cent je Aktie.

Hoher Preisdruck hält an

Allerdings steht fest, dass die hohe Abwertung (die Telekom hat die Mobiltel per Ende 2013 mit 642,7 Mio. Euro in den Büchern) den Konzern tief in die Verlustzone drücken wird. Die Rede ist von einem Verlust in dreistelliger Millionenhöhe. Im Vorjahr hat die Telekom ein Nettoergebnis von 109,7 Mio. Euro erzielt. Heuer lasten - ganz abgesehen vom wettbewerbsbedingt hohen Preisdruck im Mobilfunk im In- und Ausland sowie der anhaltenden Abwertung des weißrussischen Rubels - noch zusätzlich die Finanzierungskosten für die Mobilfunkfrequenzen auf dem Unternehmen. Dafür legte die Telekom eine Mrd. Euro auf den Tisch.

Einen Bombenverlust machte die Telekom zuletzt im Jahr 2011 mit einem Minus von 252,8 Mio. Euro. Damals waren hohe Wertberichtigungen auf die weißrussische Tochter Velcom der Auslöser.

In Bulgarien sind es zwei Gründe: Zum einen sei der nach IFRS notwendige Risikozuschuss gestiegen. Zum anderen hätten sich nach Aussage der Telekom die grundsätzlichen Erwartungen verschlechtert. Deshalb habe man den Businessplan anpassen müssen. Nach einem deutlichen Rückgang des Betriebsergebnisses um ein Viertel im Vorjahr reduzierte sich das Ebit im ersten Quartal 2014 um weitere neun Prozent. In Bulgarien steht zudem heuer auch noch eine Frequenzauktion an - um im Spiel zu bleiben, muss Telekom-Chef Hannes Ametsreiter Geld dafür in die Hand nehmen.

Falsche Informationen?

Die Kapitalerhöhung von rund einer Mrd. Euro, die Slim der Telekom in Aussicht gestellt hat, dürfte daher eher zum Stopfen der Finanzlöcher denn zum weiteren Wachstum eingesetzt werden müssen. Zumal die Telekom Ende März nur über liquide Mittel von 250 Mio. Euro verfügte. Wenn es überhaupt zur Geldspritze kommt. Denn das Debakel in Bulgarien könnte - so wird spekuliert - auch das gesamte Engagement von Slim inklusive den mit der ÖIAG geschlossenen Syndikatsvertrag gefährden. Der Mexikaner könnte nämlich argumentieren, dass er falsch bzw. nicht umfassend über den tatsächlichen Zustand der Telekom informiert worden ist.
Womit einmal mehr der vorzeitig Ende Mai abgelöste Mayrhofer-Vorgänger Hans Tschuden unter Beschuss kommt. Personelle Konsequenzen hat Ametsreiter jedenfalls schon in Bulgarien gezogen: Dort wurde der gesamte Vorstand schon im Herbst getauscht.

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