Wettbewerb: „Wir sind die Ersten, die vor Gericht ziehen“

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BWB-Chef Thanner will nach der Machtübernahme von Carlos Slim bei der Telekom den Mobilfunkmarkt ins Visier nehmen.

Wien. „Aus Anlass der letzten Fusion planen wir, den Telekomsektor nun etwas genauer anzuschauen“, sagte Theodor Thanner am Donnerstag im Klub der Wirtschaftspublizisten. Mit dem „Anlass“ meint der Chef der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) die Kontrollübernahme von Carlos Slims America Movil bei der teilstaatlichen Telekom Austria. Aus kartellrechtlicher Sicht sei alles in Ordnung gewesen. Die BWB hätte sich jedoch von Slim, dem marktbeherrschenden Eigentümer, auch ein klares Commitment erwartet, dass es keine Hürden beim Start von virtuellen Netzbetreibern geben werde. „Dieses Commitment war aber von Slim nicht zu erzielen“, sagte Thanner. „Daher werden wir uns den Markt jetzt genauer anschauen.“

Die „3“/Orange-Fusion und der Verkauf des Mobilfunkdiskonters Yesss! im Jahr 2012 wurden nämlich unter der Bedingung genehmigt, neuen, virtuellen Anbietern den Start zu ermöglichen. Diese Auflagen für die „3“/Orange-Fusion seien jedoch bisher wirkungslos gewesen, virtuelle Netzbetreiber (MVNO) seien sogar behindert worden, und der Konsument habe Preiserhöhungen von 27 Prozent hinnehmen müssen, monierte Thanner. Das will die BWB in Zukunft nach Kräften verhindern: „Sie können sicher sein, wenn es weitere Behinderungen gibt, werden wir die Ersten sein, die zu Gericht gehen – im Sinne des Konsumenten und der Vielfalt. Ich bin sicher, es wird noch heuer neue Anbieter geben“, sagt Thanner.

Auch den Onlinehandel will die BWB verstärkt beobachten. Vergleiche man auf diversen Internetplattformen den Preis einer bestimmten Waschmaschine bei verschiedenen Anbietern, divergiere dieser meist nur um wenige Cent. „Das legt die Vermutung nahe, dass es bestimmte Mechanismen gibt, die den Preis steuern“, sagt Thanner. Wobei der Preis an sich nicht Sache der BWB sei, die Kartellierung jedoch sehr wohl.

BWB untersucht HRS und booking.com

Gegen die Hotelplattformen HRS und booking.com laufen derzeit bei der BWB, aber auch bei den zuständigen Behörden in Frankreich und Deutschland Untersuchungen, berichtete Thanner. Dabei gehe es darum, herauszufinden, ob Hoteliers, die mit diesen Plattformen kooperieren, einer Preisbindung unterliegen. Mit den Rechtsvertretern von HRS habe es schon Gespräche gegeben. Zuerst habe es so ausgesehen, als würde das Unternehmen einlenken. Letztstand sei aber nun, dass HRS ein Verfahren führen will. Das werde die BWB auch tun.

Dass die BWB mit nur 22 Fachkräften viel zu wenig Personal habe, betonte der Behördenchef auch am Donnerstag abermals. Im Vergleich zu anderen Ländern sei Österreich Schlusslicht. Sogar die Behörden in Albanien und Zypern seien viel besser besetzt. Die EU-Kommission habe erst kürzlich empfohlen, „die BWB mit deutlich besseren Ressourcen auszustatten“. (hec)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.06.2014)

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