Höchstrichter stützt Hypo

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Im Prozess gegen die BayernLB stützt ein Gutachten eines OGH-Richters Österreichs Position: Milliardenkredite der Deutschen seien als Eigenkapital zu werten.

Wien. Heute, Montag, geht der Streit der Hypo Alpe Adria mit der BayernLB in die nächste Runde. Die Kontrahenten treffen einander zum zweiten Verhandlungstermin vor dem Landgericht München I. Es geht dabei um Milliardenkredite, die die BayernLB ihrer damaligen Tochter gegeben hat und die nur zum Teil zurückgezahlt wurden. Ein Rechtsgutachten von Matthias Neumayr, OGH-Richter und Professor an der Uni Salzburg, stärkt nun die österreichische Position.

Die Hypo hatte die Kreditrückzahlungen ausgesetzt und sich dabei auf das Eigenkapitalersatzgesetz (EKEG) berufen. Dieses besagt, dass Kredite, die ein Gesellschafter seinem in Schieflage befindlichen Unternehmen gibt, wie Eigenkapital behandelt werden und nicht zurückzuzahlen sind, solange das Unternehmen in der Krise steckt.

Im Fall Hypo war aber zunächst umstritten, ob überhaupt österreichisches Recht anzuwenden ist. Das bejahte ein anderer Gutachter: Peter Mülbert, Professor an der Universität Mainz. Er war vom Münchner Gericht beauftragt worden, eine Expertise zu erstellen. Als sie vorlag, jubelten beide Seiten: die österreichische, weil Mülbert das EKEG für anwendbar erklärte. Und die bayerische, weil der Professor außerdem schrieb, dass für die Beurteilung, ob sich die Hypo damals schon in der Krise befand, die damaligen aufsichtsrechtlich geforderten Unterlagen, etwa Jahresabschlüsse, maßgeblich seien. Und aus diesen ging nicht hervor, dass es dem Unternehmen gar so schlecht ging.

Bayern hätten's wissen müssen

Die österreichische Seite argumentiert nun aber, die Bilanzen seien falsch gewesen und die Bayern hätten trotzdem über den wahren Zustand der Hypo Bescheid gewusst. Dass solche Kriterien zählen, stand ebenfalls in Mülberts Gutachten. Die Bayern wiederum hoffen, dass die Österreicher diesbezüglich in Beweisnotstand kommen.

Nach dem Gutachten von Neumayr, das die Hypo in Auftrag gab, könnte all das aber belanglos sein. Der österreichische Höchstrichter kommt zum Schluss, dass für die Beurteilung, ob sich die Hypo damals in einer Krise befand, nur eines zählt: die damals objektiv vorhandenen Eigenmittel. Neumayr hat dafür ein stichhaltiges Argument: den Wortlaut des EKEG. Dort heißt es zwar, dass ein Kredit nur dann Eigenkapital ersetzend ist, wenn die Schieflage des Unternehmens aus dem Jahresabschluss ersichtlich ist oder wenn es für den Kreditgeber offensichtlich ist, dass sie sich zeigen müsste, würde ein Zahlenwerk erstellt. Aber: Bei Gesellschaften, die besonderen gesetzlichen Eigenmittelerfordernissen unterliegen (wie das bei einer Bank der Fall ist), gilt das alles nicht. Da kommt es laut Gesetz nur darauf an, ob die jeweiligen Eigenmittelerfordernisse eingehalten wurden oder nicht. War das bei der Hypo damals nicht der Fall, dann war – rein objektiv – eine Krisensituation laut EKEG gegeben.

Zumindest wäre das nach österreichischer Lesart so. Die unterscheidet sich von der deutschen, wie Neumayr ebenfalls betont: Für korrekte Rechtsauslegung in Österreich zählt in erster Linie der Wortlaut des Gesetzes, in zweiter Linie der Wille des historischen Gesetzgebers. Die Deutschen sind da weniger apodiktisch, sie lassen mehr Spielraum für rechtspolitisch motivierte „Rechtsfortbildung“. Und damit eventuell auch dafür, bei Banken ebenfalls subjektive Kriterien gelten zu lassen.

Ob das Münchner Gericht das EKEG „österreichisch“ oder doch eher „deutsch“ auslegen wird, bleibt abzuwarten. Folgt es dem Gutachten von Neumayr, wird es wohl zunächst versuchen müssen zu klären, wie die Eigenmittelsituation der Hypo damals tatsächlich war.

Schadenersatzansprüche wegen Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten kann die BayernLB nach Neumayrs Ansicht übrigens ebenfalls nicht geltend machen: Für einen Gesellschafter-Kreditgeber sei das nicht möglich, solange die Gesellschaft nicht saniert ist.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.06.2014)

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