ÖBB-Chef: „Managerehre angekratzt“

Christian Kern
Christian Kern(c) Clemens Fabry / Die Presse
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ÖBB-Chef Christian Kern kontert Vorwürfe von Vizekanzler Spindelegger scharf, ein Schienenkilometer sei teurer als im Ausland.

Wien. Sparen, sparen, sparen: Diese Devise hat sich Christian Kern auf die Fahnen geschrieben, seit er vor vier Jahren ÖBB-Chef geworden ist. Einiges ist ihm auch schon gelungen: Nach dem eine Mrd. Euro schweren Sparpaket aus dem Jahr 2012 sollen heuer und 2015 weitere 290 Mio. Euro eingespart werden. Umso empfindlicher reagiert Kern auf Kritik, die mit „falschen Fakten“ argumentiert. „Da ist meine Managerehre angekratzt“, konterte der ÖBB-Boss ungewohnt heftig die jüngsten Aussagen von Vizekanzler und Finanzminister Michael Spindelegger (ÖVP), dass die ÖBB um 30 Prozent teurer baue als ausländische Gesellschaften und deshalb ein Controlling notwendig sei.

„Wir sind billiger als die Deutsche und die Schweizer Bahn“, sagte Kern anlässlich der Präsentation einer Studie der Industriellenvereinigung (IV) zu Standorteffekten von Bahnhofsinvestitionen. Während hierzulande ein Schienenkilometer in der Instandhaltung 79.000 Euro koste, seien es bei der DB 82.000 Euro und den SBB 130.000 Euro.

„Wenn man noch mehr sparen will, dann muss man sich auch fragen, was wollen wir uns leisten? Brauchen wir den Brenner-Basistunnel oder den Bahnhof Götzis?“ Darauf keine Antwort zu geben – das gehe gar nicht. Er, Kern, sei hundertprozentig für Einsparungen, aber diese Einwürfe seien wenig hilfreich. Er hoffe, dass nach der Steuerreformdebatte wieder das Tagesgeschäft in den Vordergrund trete.

Zur Erinnerung: Die ÖBB erhalten jährlich rund 4,7 Mrd. Euro aus dem Budget, wobei der direkte Beitrag rund 2,7 ausmacht und 1,7 Mrd. Euro auf die ÖBB-Pensionisten entfallen. Dazu kommen die Investitionen in die Infrastruktur.

Drei Mrd. Euro für Bahnhöfe

Letztere hätten äußerst positive volkswirtschaftliche Effekte, meinte am Mittwoch der Chefökonom der IV, Christian Helmenstein. Er untersuchte über das Wirtschaftsforschungsinstitut Economica im Auftrag der IV und der ÖBB die Impulse des Neubaus und der Renovierung von Bahnhöfen. Dabei gehe es nicht nur um die direkten Effekte für heimische Zulieferbetriebe, sondern auch um die positive Geschäftsentwicklung und neue Betriebsansiedlungen in der Umgebung von Bahnhof-Citys.

Derzeit werden noch bis zum Jahr 2018 rund 140 der insgesamt rund 1000 Bahnhöfe saniert. Die Kosten bezifferte Herbert Kasser, Generalsekretär des Infrastrukturministeriums, mit rund drei Mrd. Euro. Diese Projekte – mit dem neuen Wiener Hauptbahnhof als größten Vorhaben – führten mit 24.000 Jahresarbeitsplätzen und einer kumulierten Bruttowertschöpfung von 1,2 Mrd. Euro „zu einer Mehrfachdividende“, wie Helmenstein betonte.

Anders ausgedrückt: Die Infrastrukturinvestitionen der Bahn liefern laut der Studie einen Beitrag von 0,6 Prozent zur gesamten österreichischen Bruttowertschöpfung. „Das ist angesichts des realen Wirtschaftswachstums im Vorjahr von 0,3 Prozent nicht zu unterschätzen“, betonte Kern. Nachsatz: „Die ÖBB haben also Österreich vor der Rezession bewahrt.“ (eid)

AUF EINEN BLICK

ÖBB-Chef Christian Kern kontert Aussagen von Vizekanzler Michael Spindelegger (ÖVP), wonach die Bahn teurer baue, scharf. Er sei für einen harten Sparkurs, erwarte aber von der Politik klare Antworten auf die Frage, auf welche Projekte man verzichten wolle. Dabei nannte er etwa den Brenner-Basistunnel.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.07.2014)

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Kommentare

Nein, den Tunnel brauchen wir wirklich nicht

Die Ausgabendiskussion gehört entideologisiert.

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