ÖBB-Aufsichtsratschef muss wegen Untreue vor Gericht

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Die Korruptionsstaatsanwaltschaft hat wegen dubioser Vorgänge beim Kauf der ungarischen Güterbahn durch die ÖBB Anklage erhoben. Neben Pöchhacker müssen sich weitere leitende ÖBB-Mitarbeiter für den Deal verantworten.

Wien. Die Affäre um den Kauf der ungarischen Güterbahn MAV durch die ÖBB hat ein gerichtliches Nachspiel: Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft hat Anklage wegen des Verdachts der Untreue gegen ÖBB-Aufsichtsratschef Horst Pöchhacker, den früheren Chef der ÖBB-Tochter Rail Cargo, Gustav Poschalko und einen weiteren, nicht namentlich genannten leitenden Verantwortlichen der Rail Cargo erhoben. Der Strafrahmen für dieses Delikt beträgt bis zu zehn Jahre Haft. Die Beteiligten bestreiten die Vorwürfe, für sie gilt die Unschuldsvermutung.

Die Anklage bezieht sich auf einen millionenschweren Beratervertrag, den die Rail Cargo 2007 mit einem ungarischen Lobbyisten abgeschlossen hatte. Nach Ansicht der Staatsanwaltschaft standen den 6,6 Mio. Euro, die an die Lobbyingfirma bezahlt wurden, keine entsprechenden erbrachten Leistungen gegenüber.

Zudem sei für die Beauftragung des Lobbyisten die notwendige „wirksame Autorisierung durch den Aufsichtsrat“ nicht eingeholt worden. Was möglicherweise auch schwierig gewesen wäre, denn zu diesem Zeitpunkt seien, wie es in der Anklage heißt, schon andere Dienstleistungsunternehmen mit identen Aufträgen versorgt gewesen. Während die Staatsanwaltschaft, wie sie gestern bestätigte, den Vorwurf der Untreue definitiv anklagt, hat sie den im Zusammenhang mit dem MAV-Kauf ebenfalls geäußerten Korruptionsvorwurf wieder fallen gelassen. Der ursprünglich laut gewordene Verdacht, die 6,6 Millionen seien über den Umweg der ungarischen PR-Agentur zur Bestechung ungarischer Amtsträger verwendet worden, konnte nicht erhärtet werden. Auch dass Geld aus diesem Vertrag über Umwege „an eine österreichische Partei“ zurückgeflossen sei, wie zwischenzeitig kolportiert worden war, wurde nicht bestätigt.

Sicher (aber nicht anklagewürdig) ist, dass die ungarische Gütertochter völlig überteuert gekauft wurde. Laut Rechnungshof lag der Kaufpreis von 330 Mio. Euro deutlich über dem tatsächlichen Unternehmenswert. Es habe „Mängel in der Kaufpreisberechnung“ gegeben, so die Prüfer.

Bures geht auf Distanz

SPÖ-Infrastrukturministerin Doris Bures, in deren Kompetenzbereich die Bahn fällt, rückte vom nun angeklagten Bahn-Aufsichtsratschef gestern etwas ab, nachdem sie ihn kurz zuvor noch verteidigt hatte. Am Freitag sagte Bures, sie werde mit Pöchhacker wegen der Untreue-Anklage „reden, um von ihm eine Einschätzung zu bekommen“. Einen Tag zuvor hatte Bures noch gemeint, Pöchhacker sei „professionell, ein strenger Kontrollor und persönlich integer“.

Die Anwälte der Beschuldigten weisen die Vorwürfe naturgemäß scharf zurück. Poschalko-Anwalt Dieter Böhmdorfer sagte, die Anklage zeuge von völligem wirtschaftlichen Unverständnis der Staatsanwaltschaft. Der Vorstand sei mit dem Antrag auf Bewilligung der fraglichen Transaktion sehr wohl in den Aufsichtsrat gegangen, „in der Eile“ habe es dort aber „Schwierigkeiten“ gegeben, so Böhmdorfer in einem Radiointerview. Allerdings hätten alle gewusst, dass ein Vertrag mit einem Lobbyisten abgeschlossen worden sei. Das Geschäft sei nachträglich abgesegnet worden. (APA/red.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.07.2014)

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