AUA geht auf Partnersuche

(c) APA (Roland Schlager)
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Die Lufthansa zeigt sich an der AUA interessiert. Allerdings nur, wenn sich diese von ihren Schulden befreit.

WIEN. Der Traum vom Geld aus dem Morgenland ist geplatzt: Die Verhandlungen der ÖIAG mit Scheich Mohamed Bin Issa Al Jaber über eine Kapitalspritze von 150 Mio. Euro für 20 Prozent der AUA-Aktien sind gescheitert. Laut ÖIAG habe Al Jaber „unerfüllbare zusätzliche Bedingungen“ gestellt. Wie berichtet wollte er für weitere 50 Mio. Euro bis zu neun Prozent mehr Aktien.

Der Scheich wiederum erhebt schwere Vorwürfe gegen AUA und ÖIAG: „Die AUA ist ein wichtiges österreichisches Unternehmen, an dem wir uns gerne beteiligt hätten. Wir stellen allerdings fest, dass die ÖIAG kein Interesse an unserem Investment und damit an der Selbstständigkeit der AUA hat“, ließ Al Jaber wissen. Der Stil der Verhandlungen sei „irritierend“ und widerspreche „seinem Verständnis von Transparenz und einem ehrlichen Umgang mit einem potenziellen Investor“.

Die „Presse“ untersucht die Hintergründe und fragt, wie es mit der AUA weitergeht.

1. Warum erhält Al Jaber nicht mehr AUA-Anteile?Die ÖIAG hätte die Aktien aus ihrem Bestand nur verkaufen können, wenn sie einen Privatisierungsauftrag hat. Den gibt es aber nicht. Außerdem war der von Al Jaber gebotene Preis von 4,20 Euro weder für die ÖIAG noch die AUA (sie könnte eigene Aktien verkaufen) wirtschaftlich akzeptabel. Die ÖIAG etwa hat die AUA mit 7,15 Euro je Aktie in den Büchern.

2. Warum räumt die AUA Al Jaber eine Frist bis 21. Mai ein?Das hat juristische Gründe. Im Vorvertrag mit Al Jaber wurde die Vorlage der Bankgarantie bis 12. Mai vereinbart und eine Nachfrist eingeräumt. Die läuft bis 21. Mai. Nur wenn die AUA vertragskonform handelt, kann sie rechtliche Schritte einleiten.

3. Warum wurde die Kapitalerhöhung von der AUA abgesegnet?Auch dieser, von Kleinaktionären heftig kritisierte Vorgang hat juristische Gründe. Damit hat sich die AUA abgesichert, Schadenersatz von Al Jaber zu fordern. Rechtliche Schritte würden derzeit geprüft, sagte AUA-Chef Alfred Ötsch.

4. Sind daher die Anfechtungsklagen gegen die HV obsolet?Streitbare Kleinaktionäre wie IVA-Präsident Wilhelm Rasinger, Rupert-Heinrich Staller sowie die Anwälte Meinhard Novak und Kurt Berger werden die Beschlüsse der Hauptversammlung sicher einklagen. „Schon aus aktienrechtlicher Hygiene“, sagte Novak zur „Presse“. Staller will ein mögliches Fehlverhalten der Organe der Gesellschaft (von Vorstand und Aufsichtsrat, Anm.) geklärt wissen.

5. Stoppt die AUA die Expansion in den Nahen und Mittleren Osten?Nein, das Programm soll durchgezogen werden. Ab August werden Riad und Jeddah neu angeflogen. Außerdem wurde soeben ein Abkommen mit der saudischen Fluglinie Saudia geschlossen. Weiters hat die AUA zwei zusätzliche Airbus A 320 für 2009 bestellt. Aufgeschoben ist aber die Bestellung von drei weiteren Airbus A 320.

6. Droht der AUA ohne Geld von Al Jaber die Pleite?Nein. Die Fluglinie weist in der Bilanz 2007 liquide Mittel von 219,3 Mio. Euro und Wertpapierbestände von 206,6 Mio. Euro aus. Allerdings schrieb die AUA nach einem kleinen Gewinn 2007 im ersten Quartal 2008 wieder hohe Verluste. Der Grund ist der hohe Kerosinpreis, der Wettbewerb mit den Billig-Fluglinien und die nach wie vor zu hohen Produktionskosten.

Im Sommer, der für die Luftfahrt traditionell besten Saison, dürfte sich die Lage nicht sehr entspannen. Je mehr geflogen wird, desto höher sind die Ausgaben für Sprit. Auch die am Mittwoch angekündigte Erhöhung des Kerosinzuschlags um vier bzw. fünf Euro auf 21 Euro (Kurz- und Mittelstrecke) bzw. 82 Euro (Langstrecke) dürfte die Ausgaben nicht wettmachen. Deshalb prognostizieren Analysten für das Gesamtjahr 2008 Verluste, wenn sich auch der Quartals-Abgang von 60,4 Mio. Euro nicht hochrechnen lasse.

7. Braucht die AUA nach Al Jabers Absprung einen anderen Partner?Ja, mittelfristig sicher. Es geht aber nicht um einen reinen Geldgeber, sondern einen strategischen Partner aus der Luftfahrt, um die Kosten zu senken. Die internationale Entwicklung zeigt, dass mittelgroße Fluglinien wie die AUA keine Chancen auf einen Alleingang haben. Ötsch, bisher ein glühender Verfechter einer Stand-alone-Lösung, hat inzwischen eingeräumt, dass die AUA einen Partner braucht, so sie nachhaltig keine Gewinne erwirtschaften kann.

8. Kann die ÖIAG die AUA jetzt sofort und schnell verkaufen?Nein, Voraussetzung dafür ist ein Privatisierungsauftrag. Dazu bedarf es eines Ministerrats-Beschlusses. Da die SPÖ Privatisierungen prinzipiell abgeneigt gegenübersteht, zeichnet sich ein heftiger Polit-Streit ab. Außerdem muss ein EU-konformes Bieterverfahren eingeleitet werden. Das heißt nicht, dass die ÖIAG nicht längst Interessenten auslotet.

9. Angeblich ist man sich mit der Lufthansa ohnedies schon einig?Die Lufthansa gibt seit langem als erste Wahl. Viele Beobachter halten sie aber für den „Tod“ der AUA und des Standorts Wien, weil viel Verkehr nach München verlagert würde. Außerdem müsse die Lufthansa die AUA nicht kaufen, sie habe sie über einen Managementvertrag für den Deutschland-Verkehr fest im Griff, heißt es.

Zudem ist die AUA Mitglied in der Star Alliance, die von der Lufthansa dominiert wird. Lufthansa-Chef Wolfgang Mayrhuber – übrigens ein Österreicher – soll dem Vernehmen nach „Ja, aber“ gesagt haben. Er würde die AUA letztlich kaufen – aber nur ohne Schulden – ließ er ausrichten. Die AUA sitzt aber auf Verbindlichkeiten von 980 Mio. Euro. Eine Entschuldung ginge Juristen zufolge nur über einen Konkurs. Damit würden alle Aktionäre um ihr Investment gebracht, die Banken müssten eine Mrd. Euro abschreiben. Allerdings sind auch Air France/KLM, British Airways und Emirates potenzielle Partner.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.05.2008)

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