Richtungsweisendes Urteil gegen Raiffeisen

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Die Raiffeisen Landesbank NÖ-Wien verlor in erster Instanz einen Prozess gegen Bruck an der Leitha. Damit liegt in Österreich erstmals ein Urteil zu verlustreichen Swap-Geschäften vor.

Wien. Das Handelsgericht Wien hat die Raiffeisen Landesbank NÖ-Wien in erster Instanz wegen eines hoch komplizierten Swap-Geschäfts verurteilt. Der Richterspruch ist richtungsweisend. „Damit liegt erstmals ein Urteil eines österreichischen Gerichts in Zusammenhang mit den Swap-Geschäften zwischen Banken und Gemeinden vor“, sagt Lukas Aigner, Partner der Anwaltskanzlei Kraft & Winternitz, der die Stadt Bruck an der Leitha gegen Raiffeisen erfolgreich vertreten hat.

Das Urteil, das der „Presse“ vorliegt, ist noch nicht rechtskräftig. Denn Raiffeisen könnte in Berufung gehen. Eine Sprecherin der Raiffeisen Landesbank NÖ-Wien sagte zur „Presse“, man sei gerade dabei, das Urteil zu analysieren.

Vor der Finanzkrise haben zahlreiche Städte und Gemeinden mit diversen Banken hoch komplizierte Swap-Geschäfte abgeschlossen. Nicht wenige Finanzwetten sind aus dem Ruder gelaufen. Um teure Prozesse zu vermeiden, einigten sich viele Kreditinstitute mit den Gemeinden auf einen außergerichtlichen Vergleich. Im Regelfall kam die Bank für die Hälfte der Spekulationsverluste auf. Doch angesichts des jetzigen Urteils gegen die Raiffeisen Landesbank NÖ-Wien wäre es für die Kommunen vielleicht besser gewesen, wenn die Banken verklagt worden wären.

Linz kämpft um 500 Mio. Euro

Auch Raiffeisen hat sich mit einigen niederösterreichischen Gemeinden verglichen. Über die Details wurde Stillschweigen vereinbart. Bei Bruck an der Leitha und St. Pölten ließ man es auf einen Prozess ankommen.

Im Gegensatz zu den meisten niederösterreichischen Gemeinden werden Bruck an der Leitha und St. Pölten von SPÖ-Bürgermeistern regiert. Bei Bruck an der Leitha geht es um einen Betrag von 355.164 Euro. Im Fall von St. Pölten wird um die Rückabwicklung eines Swaps, der einen Schaden von knapp 70 Millionen Euro verursachte, gestritten. Wesentlich größer sind die Dimensionen im Konflikt zwischen Linz und der Bawag. Hier stehen über 500 Millionen Euro auf dem Spiel.

„Der Fall Bruck an der Leitha ist in den juristischen Kernfragen mit den Prozessen, die St. Pölten und Linz führen, vergleichbar“, behauptet Aigner. Raiffeisen und die Bawag sehen das anders.

In dem jetzigen Urteil hält das Handelsgericht fest, dass die Raiffeisen Landesbank NÖ-Wien bei dem Swap-Geschäft schwere Beratungsfehler begangen habe. Denn die Berater hätten Bruck an der Leitha nicht über den anfänglich negativen Marktwert des Geschäfts aufgeklärt. In dem Urteil heißt es, dass der Swap schon einen negativen Anfangswert von zumindest 136.000 Euro aufgewiesen habe. Hätte die Gemeinde das gewusst, hätte sie das Geschäft nicht abgeschlossen. „Gerade bei einem Laien ist es plausibel, dass er kein Geschäft macht“, wenn er damit bereits am Anfang mit über 130.000 Euro im Minus ist, wie das Gericht festhält.

Dass die Bürgermeisterin und der Finanzstadtrat ein Geschäft mit einem solchen Anfangsminus nicht riskiert und der Gemeinderat „nicht genehmigt hätte, ist überaus wahrscheinlich“, so das Urteil.

„Über die Risikolage, insbesondere die Möglichkeit einer inversen Zinsstruktur und deren Auswirkungen“ sei die Gemeinde nicht aufgeklärt worden. Auch negative Entwicklungen seien in den Prospekten nicht dargestellt worden. In dem Urteil wird auch kritisch angemerkt, dass die Bank von Bruck an der Leitha kein schriftliches Anlegerprofil aufgenommen habe.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.07.2014)

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