Meinl-Affäre: Die Finanzaufsicht wusste alles

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ARCHIVBILD: JULIUS MEINL V.APA/ROLAND SCHLAGER
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Justiz. Dem Banker Julius Meinl V. droht ein Strafprozess. Dabei geht es um eine von der Meinl Bank ausgeschüttete Dividende. Hinterfragt wird in der Causa die Rolle der Finanzaufsicht, die über die Dividende informiert war.

Wien. Schon bei der Hypo Alpe Adria gab es Vorwürfe, dass die Finanzaufsicht viel zu spät eingeschritten ist. Auch in der Meinl-Causa wird die Rolle der Aufsicht hinterfragt. Denn die Kontrolleure waren über die umstrittene Dividendenausschüttung der Meinl Bank informiert. Wegen der Dividendenzahlung droht dem Banker Julius Meinl V. und weiteren Personen eine Anklage wegen Untreue.
Die Staatsanwaltschaft Wien hat dazu dem Justizministerium den Vorhabensbericht übermittelt. Eine Sprecherin des Ministeriums sagte der „Presse", man sei gerade dabei, den Fall zu prüfen. Wie lange das dauern wird, ist unklar.

In Österreich kann die Staatsanwaltschaft in bedeutsamen Fällen nur dann Anklage erheben, wenn der Sanktus des Ministeriums vorliegt.
Der Fall Meinl hat weitreichende Auswirkungen. Denn hier geht es um die Frage, ob und in welcher Höhe Unternehmen Dividenden zahlen dürfen. Im Jahr 2009 schüttete die Meinl Bank für das Geschäftsjahr 2008 eine „Sachdividende" in der Höhe von über 200 Millionen Euro aus. Das Geld ging an die holländische „Belegging-Maatschappij Far East", der die Meinl Bank gehört und die Julius Meinl zugerechnet wird.
Schon vor Jahren wurde der Vorwurf laut, dass durch die ungewöhnlich hohe Ausschüttung die Eigenkapitalbasis der Bank stark reduziert worden sei. Angesichts möglicher Anlegerforderungen sollen in der damaligen Bilanz der Bank nicht ausreichend Rückstellungen gebildet worden sein. Die Meinl Bank bestreitet die Anschuldigungen vehement. Ein Sprecher des Instituts sagte zur „Presse", die Dividendenausschüttung sei im Rahmen aller dafür vorgesehenen Gesetze und Regeln vorgenommen worden.

FMA-Vertreter im Aufsichtsrat

Im Aufsichtsrat der Bank sei damals ein Vertreter der Finanzmarktaufsicht als Staatskommissär anwesend gewesen. Und dieser habe keinen Grund zum Einschreiten gesehen, so die Meinl Bank.
Bei der Finanzmarktaufsicht heißt es dazu, man habe festgestellt, dass das Bankwesengesetz nicht verletzt wurde. Die Aufsicht habe das Ganze aber an die Staatsanwaltschaft zur strafrechtlichen Prüfung weitergeleitet.
Die Meinl Bank hat die Dividende auch gegenüber der Öffentlichkeit nie verheimlicht. „Die Presse" berichtete darüber, als die damalige Bilanz vorgestellt wurde.
Warum brauchte die Staatsanwaltschaft für die Ermittlungen trotzdem fünf Jahre? Dem Vernehmen nach wartete die Justiz das Urteil bei Libro ab. Ende Jänner 2014 bestätigte der Oberste Gerichtshof die Verurteilung des früheren Libro-Chefs André Rettberg. Die Entscheidung galt unter Juristen als Paukenschlag. Denn es wurde klargestellt, dass in Österreich die Ausschüttung von Dividenden unter bestimmten Umständen als rechtswidrig angesehen werden kann.

Libro hatte im Jahr 1999 knapp vor dem Börsengang eine Sonderdividende von damals 440 Millionen Schilling ausbezahlt. 2001 ging die Firma in Ausgleich und 2002 in Konkurs. Durch die Dividende sei Libro ausgeräumt worden, lautete der Vorwurf. Gleich nach dem Urteil warnten Anwälte in der „Presse", dass die OGH-Entscheidung Auftakt zu einer Prozesslawine sein könnte.

Die Meinl Bank betonte am Donnerstag, dass die Rückstellungen, die man für Anlegervergleiche und Prozessrisken vorgenommen habe, den gesetzlichen Anforderungen entsprechen. Man habe dies auch mit den Aufsichtsbehörden abgestimmt. Die Bank habe mittlerweile 32,4 Millionen Euro für Vergleiche mit 6201 Anlegern aufgewendet. Laut „Kurier" macht aber der Prozessfinanzierer AdvoFin in der Meinl-Causa ein Schadensvolumen von 206 Millionen Euro geltend. Neben der Dividende prüft die Staatsanwaltschaft bei Meinl noch weitere Vorwürfe.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.07.2014)

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