Hypo: Bayern täuschten Österreich

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Leo Chini, Professor an der Wirtschaftsuniversität, hat die Vorgänge rund um die Hypo-Verstaatlichung unter die Lupe genommen. Er kommt zu überraschenden Ergebnissen.

Wien. Die Griss-Kommission und der Rechnungshof prüfen die Verstaatlichung der Hypo Alpe Adria im Jahr 2009. Auch Leo Chini, Professor an der Wirtschaftsuniversität Wien, hat sich nun damit beschäftigt. Seine Expertise vom 9. Juli 2014 liegt der „Presse“ vor. Chini zeigt, was bei der Verstaatlichung schiefgelaufen ist. Zum besseren Verständnis bringt er eine chronologische Darstellung:
•Am 29. November 2008 hat der Verwaltungsrat der BayernLB die Trennung von der Hypo und die Aufgabe der Osteuropa-Strategie beschlossen.
•Am 27. Mai 2009 schlossen die Bayern mit Hypo-Chef Franz Pinkl einen Arbeitsvertrag ab. Pinkl und dem damaligen Hypo-Aufsichtsratsvorsitzenden wurde ein Sonderbonus zugestanden für den Fall, dass Österreich mehr als 50 Prozent an der Hypo übernimmt.
•Am 29. Juli 2009 beauftragte die Hypo auf Verlangen der BayernLB den Wirtschaftsprüfer PWC mit einer Sonderprüfung des Hypo-Kreditportfolios. Das Ergebnis war, dass bei der Hypo ein zusätzliches Risikovorsorgepotenzial von bis zu 1,293 Mrd. Euro besteht. Hinzu kommen zusätzliche Wertberichtigungen für kreditnahe Beteiligungen von bis zu 61,7 Mio. Euro.

Laut PWC habe sich die Qualität des Kreditportfolios von Ende Juni 2008 bis Ende Juni 2009 signifikant verschlechtert. Dazu meint Chini, dass in einem Zeitraum von zwölf Monaten das Risiko um 100 Prozent zunimmt, „wäre zu hinterfragen gewesen“.
•Im September 2009 gab es die ersten Gespräche zwischen der BayernLB und Österreich. Der Vorschlag der Bayern war angeblich ein Verkauf der Hypo an den Bund oder eine Insolvenz. „Dies steht im klaren Widerspruch zu der Aussage des damaligen Finanzministers Fahrenschon“, so Chini. Denn der bayerische Finanzminister, Georg Fahrenschon, erklärte später bei einer Zeugeneinvernahme, dass die Bayern nie an einen Hypo-Konkurs gedacht hätten.
•Am 10. Dezember 2009 informierte der Hypo-Vorstand den Aufsichtsrat, dass ein Kapitalbedarf von mindestens zwei Mrd. Euro bestehe.
•Einen Tag später, am 11. Dezember 2009, entzogen die Bayern der Hypo rund 1,2 Milliarden Euro.

Verstaatlichung ohne Prüfung

•Am 12. und 13. Dezember 2009 verhandelte Österreich mit den Bayern über die Verstaatlichung der Hypo. Chini schreibt, dass die wirtschaftliche Situation der Hypo durch den Vorstand so verändert und so kommuniziert wurde, „dass der Eindruck entstehen musste, dass allenfalls Insolvenzgefahr bestand“.

Allerdings sei bei der Verstaatlichung „offensichtlich übersehen“ worden, dass die BayernLB zu diesem Zeitpunkt mit vier Mrd. Euro in der Hypo investiert war. Daher sei laut Chini für die Bayern eine Hypo-Insolvenz „kein gangbarer Weg“ gewesen. Chini weiter: „Der Konkurs war deswegen keine Option für den Freistaat Bayern, weil dann die BayernLB insgesamt einen Verlust von ca. vier Mrd. Euro (in Abhängigkeit der Quote) erlitten hätte. Im Rahmen der Verstaatlichung hat sie nur auf 825 Mio. Euro verzichtet.“

Durch die Abgabe der Hypo an den österreichischen Staat sei die BayernLB in der Lage gewesen, die Redimensionierung des Osteuropageschäftes „in der kostengünstigsten Variante“ zu realisieren. Für Österreich sei die Verstaatlichung aber laut Chini „die schlechteste Variante“ gewesen.

Außerdem weist der Professor darauf hin, dass Österreich die Hypo-Verstaatlichung offensichtlich „ohne Prüfung der tatsächlichen wirtschaftlichen Lage der Bank“ durchgeführt habe. Chini beschäftigt sich schon länger mit der Hypo. Er schrieb im Vorzugsaktienprozess ein Gutachten für den Anwalt von Ex-Hypo-Chef Wolfgang Kulterer.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.07.2014)

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