Teuerung: Hohe Mieten, teures Essen

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Mietvertrag(c) FABRY Clemens
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Nirgends im Euroraum steigen die Preise schneller als in Österreich. Mieten, Nahrungsmittel und Steuern machen das Leben teuer.

Wien. Schlechte Nachrichten für Freunde kleiner Snacks zwischendurch. Das in bestem Amtsdeutsch von der Statistik Austria so benannte „belegte Gebäck im Außerhauskonsum“ wurde im Juni um 3,3 Prozent teurer. Die Melange im Kaffeehaus um 2,2 Prozent. Überhaupt sind die Preise im Juni in Österreich erneut stärker gestiegen als irgendwo anders in der Eurozone. Und „belegtes Gebäck“ spielt eine Nebenrolle. Mieten, Nahrungsmittel generell sowie Steuern und Gebühren treiben die Preise in Österreich in die Höhe.

Die offizielle Inflationsrate lag laut Statistik Austria bei 1,9 Prozent (nach 1,8 Prozent im Vormonat). Die „harmonisierte“ Inflationsrate, die zum europäischen Vergleich herangezogen wird, lag bei 1,7 Prozent. Innerhalb der EU hat nur Großbritannien eine schnellere Teuerung vorzuweisen – das Land ist aber nicht im Euro.

Österreich baut seinen Vorsprung bei der Preisentwicklung innerhalb der Eurozone derweil rasant aus. Auf Platz zwei landet Finnland, das mit 1,2 Prozent Inflation aber schon 0,5 Prozentpunkte zurückliegt. Deutschland, dessen konjunkturelle Lage mit der in Österreich vergleichbar ist, weist überhaupt nur eine Inflationsrate von einem Prozent aus – die Preise steigen in Österreich also fast doppelt so schnell wie in Deutschland.

Staat treibt die Preise

Der Inflationsdurchschnitt im Euroraum liegt bei nur 0,5 Prozent. In der gesamten EU bei 0,7 Prozent. Italien, Litauen, die Niederlande, Polen, Dänemark und Estland schrammen mit einer Rate von 0,2 bis 0,4 Prozent gerade so an der Deflation vorbei. In Tschechien, Spanien und Zypern herrscht eine Inflationsrate von null Prozent, in Portugal, Ungarn und der Slowakei eine leichte Deflation (minus 0,1 bis 0,2 Prozent). Bulgarien und Griechenland erleben eine echte Deflation mit deutlich sinkenden Preisen.

Bulgarien (nicht in der Eurozone): minus 1,8 Prozent. Griechenland: minus 1,5 Prozent. Für die in Österreich besonders starke Preisentwicklung gibt es mehrere Gründe. Es sind aber vor allem die Erhöhungen von Steuern, Gebühren und Abgaben durch Bund, Länder und Gemeinden, die die Inflation in Österreich in die Höhe treiben. Ein Beispiel: die im März erfolgte starke Erhöhung der motorbezogenen Versicherungssteuer.

Das Wirtschaftsforschungsinstitut Wifo erwartet für heuer und für 2015 eine Inflationsrate von 1,8 – was Österreich den europäischen Spitzenplatz in Sachen Teuerung einbringt. „Wäre die Inflationsrate bei uns so wie in Deutschland (rund ein Prozent, Anm.), dann hätten wir auch einen Anstieg der Reallöhne um rund ein Prozent pro Jahr“, sagte Wifo-Chef Karl Aiginger kürzlich. Die Folge: Trotz steigender Löhne sinkt die Kaufkraft der Österreicher (Reallöhne) heuer schon das dritte Jahr in Folge.

Teurer Käse, günstiges Gemüse

Ein weiterer wichtiger Punkt sind die Wohnpreise. Die Mietpreise sind im Juni um 3,8 Prozent gestiegen, die Preise für die Instandhaltung von Wohnungen um 2,4 Prozent. Ohne die Ausgaben für Wohnen hätte die Inflationsrate nur 1,5 Prozent betragen, so die Statistik Austria. Die Kosten für im Haushalt verbrauchte Energie sind aber nur moderat gestiegen: durchschnittlich um 0,5 Prozent. Dabei wurden feste Brennstoffe am deutlichsten teurer – um fast fünf Prozent. Heizöl und Gas wurden leicht billiger im Vergleich zum Vorjahr.

Bei den Nahrungsmitteln werden vor allem Milch, Käse und Eier teurer – diese Produktgruppe stieg im Juni um 6,2 Prozent im Preis. Brot und Getreideprodukte verteuerten sich um 1,7 Prozent, Obst um 0,3 Prozent. Gemüse wurde aber deutlich billiger: minus 5,1 Prozent. Der überwiegend Nahrungsmittel enthaltende sogenannte Mikrowarenkorb verteuerte sich um 3,2 Prozent – eine Abschwächung gegenüber dem Mai (3,8).

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.07.2014)

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