Privatkonkurs: Immer weniger Menschen schaffen Entschuldung

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Für ein Privatinsolvenzverfahren braucht man ein geregeltes Einkommen – und damit einen sicheren Job. Weil die Arbeitslosigkeit steigt, sinkt die Zahl der Verfahren. Im Schnitt beträgt die Verschuldung 100.000 Euro.

Wien. Die Gläubigerschützer haben die Trendwende schon angekündigt: Die Zahl der Privatinsolvenzen ist weiter rückläufig. Im ersten Halbjahr wurden 4238 Privatkonkursverfahren eröffnet, das sind 9,8 Prozent weniger als im Vergleichszeitraum 2013, meldet die Creditreform. Damit liegt die Zahl der Privatpleiten auf dem Niveau von 2008. Im Gesamtjahr rechnen die Gläubigerschützer daher mit rund 8400 Privatkonkursen.

Für den Creditreform-Experten Gerhard Weinhofer ist der Rückgang an Privatinsolvenzen freilich kaum erfreulich: „Um die Vorgaben – binnen sieben Jahren eine Quote von zehn Prozent – zu erfüllen, braucht man ein geregeltes Einkommen – und damit einen sicheren Arbeitsplatz“, sagt Weinhofer zur „Presse“. Da die Arbeitslosigkeit seit Jahren steigt, schaffen es immer weniger verschuldete Menschen, ein solches Verfahren zu absolvieren. Nach wie vor seien hierzulande 100.000 bis 150.000 Haushalte überschuldet.

Weinhofer begründet die sinkende Zahl der Verfahren aber auch damit, dass der „Rückstau“ in den 19 Jahren, seit das Gesetz in Kraft getreten ist, weitgehend aufgearbeitet worden sei. Auf einen Termin bei einer Schuldnerberatungsstelle habe man anfangs drei Monate warten müssen. „Da wurde viel aufgerüstet.“ Bis vor drei Jahren gab es deshalb jährlich rund 10.000 Verfahren. Rund 100.000 Personen haben die Entschuldungsmöglichkeit seit 1995 in Anspruch genommen. Rund 87 Prozent der Schuldner konnten nach sieben Jahren in die Normalität zurückkehren. Die durchschnittliche Verschuldung liegt jetzt bei mehr als 100.000 Euro.

(c) Die Presse

Geld für die Gläubiger

Generell gewinnt Weinhofer – ebenso wie KSV-Experte Hans-Georg Kantner – dem Privatkonkurs viel Positives ab: Denn rund 80 Prozent der Gläubiger sehen infolge der vorgeschriebenen Quote zumindest zehn, manchmal bis zu 15 Prozent ihres Geldes. In Deutschland, wo es keine Quote gibt, werden nur zehn bis 15 Prozent der Gläubiger bedient. Seit 1. Juli gibt es nun in Deutschland ein neues Privatinsolvenzgesetz: Demnach wird Schuldnern schon nach drei statt bisher sechs Jahren die Restschuld erlassen, wenn sie in diesem Zeitraum 35 Prozent der Forderungen sowie die Kosten für Gericht und Insolvenzverwalter bezahlen.

Im ersten Halbjahr gab es in allen Bundesländern mit Ausnahme von Oberösterreich weniger Privatpleiten. In Vorarlberg (–26,9 Prozent), Wien (–12,6 Prozent) und Salzburg (–12,3 Prozent) gab es die stärksten Rückgänge. Die meisten zahlungsunfähigen Privaten gibt es nach wie vor in Wien: 14 von 10.000 Bewohnern der Bundeshauptstadt sind insolvent, landesweit sind es sieben von 10.000 Personen. (eid)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.07.2014)

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