Casinolizenzen: „Gravierende Rechtswidrigkeiten"

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Glücksspiel. Die Casinos Austria bekämpfen die Bescheide für die drei neuen Spielbanken, in denen das Ergebnis „hingerechnet" wurde.

Wien. Es ist der erste aufsehenerregende und gleichzeitig auch politisch heikle Fall für das neue Bundesverwaltungsgericht (BVwG): Die Vergabe der Konzessionen für drei neue Spielbanken in Wien und Niederösterreich durch das Finanzministerium, bei der der heimische Platzhirsch Casinos Austria gegen die Konkurrenten Novomatik und Stadtcasinos Baden/Gauselmann leer ausgegangen ist und jetzt Rechtsmittel ergreift. Am Donnerstag wurde die Beschwerde beim Finanzministerium eingebracht, das sie an das BVwG weiterleitet hat.

Die Casinos Austria (Casag) bedienen sich dabei der Hilfe der Staranwälte Lansky, Ganzger & Partner - und die sparen nicht mit harscher Kritik. „Die Bescheide sind nicht einfach schlampig formuliert - sie strotzen vor Rechtswidrigkeiten, dass es einer Sau graust", nahm sich Gabriel Lansky am Montag kein Blatt vor den Mund. Das verwundere umso mehr, weil das Vergabeverfahren fast zwei Jahre gedauert habe.

Zudem gehe es um den überaus sensiblen Bereich des Glücksspiels. Dort würden nicht nur Milliarden bewegt, sondern es herrsche jetzt europäisches Recht „und wir stehen in der Auslage". Das heißt, dass bei der Konzessionsvergabe „Vorhersehbarkeit, Transparenz und Gleichbehandlung" gegeben sein müssten. All das vermissen Lansky und sein Kollege Gerald Ganzger, die überzeugt sind, dass „bei einer korrekten Verfahrensdurchführung die Casinos Austria zum Zug hätten kommen müssen".

Keine politischen Schlüsse

Wie die „Presse" exklusiv berichtete, wurde die Casag vom Glücksspielbeirat im Finanzressort ursprünglich bei allen drei Standorten (Wien NO, Wien SW, Niederösterreich 2) an erster Stelle gereiht. Dann wurde von mehreren Seiten heftig lobbyiert und interveniert. So machte sich Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll (ÖVP) und sein Wiener Kollege Michael Häupl (SPÖ) für die Novomatic stark. „Wir ziehen keine politischen Schlüsse, uns geht es nur um Fakten. Die richtigen Schlüsse wird jeder selbst ziehen, auch das Gericht", meinte Lansky.

Und die Fakten haben es in sich, denn auch in den Berichtigungsbescheiden fänden sich noch gravierende Fehler und Ungereimtheiten, die nicht einmal ausgebessert worden seien. So wurde im Berichtigungsbescheid für NÖ 2 ein Satz nicht gelöscht, sondern nur durchgestrichen: „Die Zweitantragstellerin (Novomatic, Anm.) plant, spielende Kunden gratis mit Brötchen und Kuchen bzw. antialkoholischen Getränken, Bier und Wein zu versorgen." Bei der Bewerbung für Wien habe dies der Novomatic Punkteabzüge gebracht, nicht aber in Niederösterreich.

„Eindruck von Änderungen"

Ebenfalls im NÖ-Bescheid heißt es: „Insgesamt lässt das Konzept der Erstantragstellerin (Casag, Anm.) aus den genannten Gründen im Verhältnis zu der Zweitantragstellerin (Novomatic, Anm.) die beste Konzessionsausübung . . . erwarten. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden." Nur, dass die Casag 423,95 der maximal 490 Punkte erhielt und die Novomatic 425,29 Punkte. „Das ist kein Schreibfehler", sagt Ganzger. „Da entsteht vielmehr der Eindruck, dass nachträglich etwas geändert wurde."

Ähnlich unklar sei die Bewertung beim Spielerschutz, einem im Glücksspiel besonders wichtigen Kriterium. Allein eine korrekte Bewertung in diesem Punkt hätte ausgereicht, um der Casag in Niederösterreich und Wien Südwest den Zuschlag zu erteilen, meinen die Anwälte. Auch beim Punkt Baubewilligung seien der Casag Punkte abgezogen worden, obwohl die Konkurrenzprojekte auch noch keine Genehmigung haben.

Anders ausgedrückt: „Es wurde auf das ,richtige‘ Ergebnis hingerechnet", meint Lansky. Dafür spricht, dass die Casag in NÖ 2 nur um 1,34 Punkte und in Wien SW um 2,07 Punkte unterlegen ist. Bei Wien NO lag sie 10,02 Punkte hinten. Der Casag sei alles zum Nachteil ausgelegt worden - auch der Lizenzentzug in Argentinien. Rechtsprobleme hätten aber auch die Novomatic (in Italien) und Gauselmann (in Deutschland).

Das BVwG hat nun sechs Monate Zeit. Lansky geht davon aus, dass es die Bescheide aufhebt und an das Finanzministerium zurück verweist. Dann könnte der Rechtsstreit noch bei den Höchstgerichten weitergehen. Die Gauselmann-Gruppe präsentiert heute, Dienstag, ihre Sicht der Dinge. Es gehe nicht darum, die Vergabe zu verzögern - die Beschwerde hat aufschiebende Wirkung. „Wir wollen sicherstellen, dass das Recht nicht so verletzt wurde, wie es geschehen ist." Nachsatz Lansky: „Jeder Führerscheinentzug ist besser und konsistenter begründet." (eid)

("Die Presse", Printausgabe vom 29.7.2014)

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