Verbund: Das Leiden geht weiter

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Fallende Preise, niedrige Wasserführung und negative Einmaleffekte. Das erste Halbjahr brachte dem heimischen Stromkonzern vor allem Schwierigkeiten. Dies zeigt sich auch in der Bilanz.

Wien. „Die Rahmenbedingungen sind äußerst düster.“ Mit diesen Worten leitete Verbund-Chef Wolfgang Anzengruber am Mittwoch seine Präsentation der Halbjahreszahlen des größten heimischen Stromkonzerns Verbund ein. Und was folgte, war wahrlich eine Sammlung der Widrigkeiten, mit denen sich europäische Elektrizitätsunternehmen in den vergangenen Monaten herumschlagen mussten.

So ist der Großhandelspreis für Strom vom im Vergleich mit früheren Jahren ohnehin schon niedrigen Niveau seit dem Vorjahr neuerlich um 20 Prozent auf durchschnittlich 39,9 Cent je Megawattstunde gefallen. Zum Vergleich: 2009 kostete eine Megawattstunde noch über 70 Cent. Eine Entwicklung, die auch in Zukunft weitergehen dürfte. Denn bei den bisher bereits gehedgten Mengen für das kommende Jahr liege der Wert mit 36,5 Cent je MWh neuerlich darunter, so der zu Anfang des Jahres angetretene Finanzvorstand Peter Kollmann. „Und jede Veränderung um einen Euro je Megawattstunde auf oder ab verändert auch unser operatives Ergebnis um 3,4 Mio. Euro.“

Noch kräftiger sind die Auswirkungen einer schwachen Wasserführung. Liegt diese um einen Prozentpunkt unter dem langjährigen Durchschnitt, bedeutet dies gar ein Minus von 4,3 Mio. Euro beim operativen Ergebnis. Keine guten Voraussetzungen in einem trockenen Jahr wie 2014. Denn im ersten Halbjahr lag die Wasserführung sogar um sieben Prozent unter dem langjährigen Durchschnitt und 18 Prozentpunkte unter dem Vorjahreswert.

Zu viel geförderte Energie?

Und zu guter Letzt litt der Verbund im ersten Halbjahr auch noch unter der Unwirtschaftlichkeit der eigenen thermischen Kraftwerke. Dabei handelt es sich vor allem um Gaskraftwerke, die aufgrund des drastisch gesunkenen CO2-Preises nicht mehr mit Kohlekraftwerken konkurrieren können. Darüber hinaus gebe es aber auch ständig mehr „übersubventionierte Konkurrenten“, so Anzengruber. Wobei er die Kritik an der Subventionierung nicht nur auf Erneuerbare beschränken möchte. So plane Großbritannien etwa, ein neues AKW mit dem Dreifachen des Marktpreises für 30 Jahre zu fördern.

Wie berichtet, reagierte der Verbund daher bereits im Frühsommer auf diese Situation, indem er fünf thermische Kraftwerke dichtmachte. Zwei ältere Kohle-/Ölkraftwerke werden ganz geschlossen, drei moderne Gaskraftwerke bis „zum Ende des Jahrzehnts“ eingemottet. Dann soll sich die Ausgangslage wieder gebessert haben.

Dividende von rund 20 Cent

Heuer bedeutet die Schließung aber vor allem eines: zusätzliche Einmalkosten. Der Vergleich mit dem Vorjahreszeitraum fällt dabei besonders drastisch aus – denn damals gab es noch Einmalgewinne durch den Rückzug aus der Türkei. Unter dem Strich ging der Konzerngewinn um 86 Prozent auf 56,6 Mio. Euro zurück. Der Umsatz reduzierte sich um 15 Prozent auf 1,4 Mrd. Euro. Aber auch ohne Einmaleffekte war der Rückgang beim Gewinn um 62,6 Prozent auf 93,6 Mio. Euro eindeutig.

Für das Gesamtjahr erwartet der Verbund nun ein Konzernergebnis von 70 Mio. Euro, bereinigt um die Einmaleffekte soll es bei 150 Mio. Euro liegen. Da die Sonderabschreibungen nicht cash-wirksam sind, sollen die Aktionäre auch von letzterem profitieren, so Kollmann. Sie sollen die Hälfte davon als Dividende erhalten. Pro Aktie wären das „etwas mehr als 20 Cent“. Dies dürfte die Aktionäre milde gestimmt haben. Die Aktie des Verbund lag trotz des drastischen Ergebniseinbruches am Mittwoch leicht im Plus. (jaz)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.07.2014)

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