Wollen wir uns „Money for nothing“ leisten?

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Themenbild(c) Die Presse - Clemens Fabry
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Am Beispiel Schulbürokratie und Gemeinden: Wo immer man hineinleuchtet, tun sich abenteuerliche ineffiziente Strukturen und riesige Einsparungspotenziale auf. Wann werden die endlich gehoben?

Er sehe wenig Spielraum für Einsparungen in der Verwaltung, hat der Chef der Beamtengewerkschaft, Fritz Neugebauer, neulich gesagt. Gut, in seinem Alter sieht man nicht mehr so klar. Glücklicherweise verhelfen uns aber immer öfter Spitzenrepräsentanten dieser Republik zu besserer Einsicht, indem sie unfreiwillig in den Bürokratiedschungel hineinleuchten.

Dank gebührt an dieser Stelle besonders FP-Chef H.C. Strache, der gerade versucht, einen fachlich völlig unbeleckten 21-jährigen Jus-Studenten als Vizepräsidenten des Wiener Stadtschulrates durchzudrücken. Hätte er das nicht getan, hätten wir einfach geglaubt, so ein Vizepräsident sei, nun, eben ein Vizepräsident.

Ist er aber nicht. Bei näherem Hinsehen entpuppt sich: Er hat so gut wie keine Kompetenzen, darf (etwa in Wien) nicht einmal – normalerweise das Core Business jedes Vizepräsidenten – den/die Präsident/in vertreten. Seine Tätigkeit besteht im Wesentlichen darin, am Monatsersten 4500 Euro zu beheben. Macht insgesamt 567.000 Euro im Jahr (mit Nebenkosten fast 800.000), denn natürlich haben die Bundesländer ihre eigenen kompetenzarmen Landesschulratvizes.

Diese meist der jeweils zweitstärksten Landespartei „zustehenden“ Money-for-nothing-Posten für schwer vermittelbare Parteigänger könnte man zum Start einer Verwaltungsreform gleich einmal ersatzlos streichen, meinen Sie nicht, Herr Neugebauer? Das macht das Budgetkraut nicht fett, reicht aber, um ein gutes Dutzend Lehrer samt Nebenkosten zu finanzieren. Und genau dorthin gehört das Bildungsbudget auch, nicht in einen parteipolitisch verseuchten Bürokratiefilz.

Bei der Gelegenheit könnte man sich die Schulbürokratie gleich einmal insgesamt ansehen. Zum Beispiel das Bundes-Schulaufsichtsgesetz, in dem das alles festgeschrieben ist. Aber Vorsicht: Bei unvorbereitetem Genuss der dabei zutage tretenden Strukturen können als Nebenwirkung leicht schwere Depressionen auftreten.

In den Landesschulräten fuhrwerken Landeshauptleute, Kirchen- und Kammervertreter herum, daneben gibt es operativ tätige Leute, die die Arbeit machen. Das Ganze ist überzogen von einem undurchdringlichen Netz an Kompetenzverflechtungen, und die Personalpolitik machen Parteien und Lehrergewerkschaft. Die Krönung sind Strukturen wie jene hier schon einmal dargestellte der landwirtschaftlichen Fachschulen, wo 16.000 Schüler von fünf Abteilungen aus zwei Ministerien und „diversen Abteilungen“ aus neun Landesregierungen „administriert“ werden. Bitte diese Bürokratiemonster sofort abschaffen und durch Bildungsdirektionen ersetzen, die von nach ausschließlich fachlichen Kriterien im Sinne schlanken Managements ausgewähltem Personal „geschaukelt“ werden. Das spart mit Sicherheit einen zweistelligen Millionenbetrag. Und die, wenn es geht, nicht in allgemeinen Budgetlöchern verschwinden lassen, sondern in eine Verbesserung des Unterrichts investieren. Da haben wir ja einen vergleichsweise sehr mäßigen Output bei sehr hohen Kosten. Und das liegt, wenn man sich die Strukturen anschaut, jedenfalls nicht an den Lehrern.


Interessantes haben wir neulich auch von Gemeindebundpräsident Helmut Mödlhammer gehört: Der möchte bei der Grundsteuer Wettbewerb zwischen den Gemeinden einführen und beklagt, dass die Grundsteuereinnahmen „jedes Jahr an Wert verlieren“. Das stimmt zwar beides so nicht. Denn Wettbewerb ist über die „Hebesätze“ bei dieser Steuer schon jetzt möglich. Und die Grundsteuereinnahmen sind seit 1995 um 68 Prozent auf 623 Mio. Euro geklettert, haben bei einer gleichzeitigen Verbraucherpreissteigerung um 37 Prozent real also stark an Wert gewonnen. Aber es stimmt: Bei der Grundsteuer liegen wir im internationalen Vergleich ziemlich weit zurück. Das wird wohl das Hauptargument dafür werden, dass – wie an dieser Stelle schon vor einem Jahr angekündigt – von der Millionärssteuer letztendlich eine saftige Grundsteuererhöhung übrig bleiben wird.

Womit allerdings nichts gelöst ist. Denn das Problem bei den Gemeinden sind – wie im Gesamtstaat – nicht die Einnahmen, sondern die Ausgaben. Die sind unter anderem deshalb viel zu hoch, weil die Struktur nicht stimmt. Das kleine Österreich hat 2354 Gemeinden mit durchschnittlich 3594 Einwohnern. Viele von ihnen mit schlecht ausgelasteten und deshalb ineffizienten Bauhöfen etc., die aus Prestigründen betrieben werden.

International gilt, dass vernünftige, effiziente Gemeindegrößen bei rund 15.000 Einwohnern anfangen. Hier liegt das große Geld für die Gemeinden vergraben, nicht in einer weiteren Steuererhöhung. Die Steiermark beginnt das mit Gemeindezusammenlegungen schon vorzumachen. Ein Beispiel, das Schule machen sollte.

Apropos Grundsteuer: In der de facto grundsteuerbefreiten Landwirtschaft sind die Einnahmen aus Beiträgen für die Landwirtschaftskammern mit zuletzt 43 Mio. Euro schon fast doppelt so hoch wie die aus der Grundsteuer. Auch darüber lohnt es sich, einmal nachzudenken.

josef.urschitz@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.08.2014)

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