Expansion: Telekom soll sich mit Slims Geld verdoppeln

Mexican businessman Carlos Slim speaks at the 20th annual meeting of the Circulo de Montevideo Foundation in Luque
Mexican businessman Carlos Slim speaks at the 20th annual meeting of the Circulo de Montevideo Foundation in LuqueReuters
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Der mexikanische Milliardär Carlos Slim will seine neue Tochter Telekom Austria als Brückenkopf für Zukäufe nutzen und sie zu einem großen Anbieter in Europa ausbauen, der bei der Konsolidierung aktiv mitspielt.

Wien. Die 400 Mio. Euro schwere Abschreibung für das Bulgarien-Geschäft trifft die Telekom Austria doppelt: Die Halbjahreszahlen, die am 13. August präsentiert werden, sind tiefrot. Und das ohnedies nicht üppige Eigenkapital, das nur durch die 600 Mio. Euro schwere Hybridanleihe aufgefettet wurde, wird drastisch geschrumpft. Die leeren Kassen werden aber bald gefüllt: Noch heuer dürfte eine Mrd. Euro aus einer Kapitalerhöhung der Telekom zufließen. Sie wird beim Sonder-Aktionärstreffen am 14. August beschlossen. Das Gros des Geldes kommt von Telekom-Mehrheitsaktionär Carlos Slim, der über seine America Movil (Amex) knapp 51 Prozent hält.

Der Big Spender aus Mexiko wird aber nicht nur dafür sorgen, dass die Telekom wieder eine solide Finanzaustattung hat. „Ich gehe davon aus, dass die Telekom in den kommenden fünf bis sieben Jahren ihr Volumen verdoppeln kann", sagte ÖIAG-Chef und Telekom-Aufsichtsratspräsident Rudolf Kemler am Donnerstagabend. Damit hätte der Konzern, der heuer knapp vier Mrd. Euro Umsatz machen wird, jene kritische Größe, die man brauche, um bei der erwarteten Konsolidierung der europäischen Telekomlandschaft ein „leading player" zu sein.

Aktie soll Highflyer werden

Wenn das gelinge, so Vize-Aufsichtsratschef Ronny Pecik, werde die Telekom-Aktie auch ein „Highflyer" werden. „Davon bin ich überzeugt", sagte Pecik, der mit dem Verkauf seines Aktienpakets den Einstieg Slims vor zwei Jahren möglich gemacht hat.

Pecik, der die Mexikaner nun im Telekom-Aufsichtsrat vertritt, kennt Slims Strategie. „Die KPN (niederländische Telekom, Anm.) ist ein Finanzinvestment, die Telekom Austria hingegen eine strategische Beteiligung." Die Amex, die für ihn von den drei potenziellen Interessenten Favorit gewesen sei, erachte die Telekom als Brückenkopf in Europa. „In Südamerika sind sie bereits in 16 der 18 Länder, Asien und Russland verstehen sie nicht und Afrika bietet keine Rechtssicherheit - also bleibt Europa als Hauptoperationsfeld", schilderte Pecik die Überlegungen. Und er weiß auch, dass die Mexikaner - „exzellente Partner auf Augenhöhe" - nicht lange zögern. „Die lassen nichts anbrennen."

Die Expansion, für die auch weitere Kapitalspritzen locker gemacht werden könnten, soll über Zukäufe erfolgen. Wie im Syndikatsvertrag zwischen ÖIAG und America Movil festgelegt wurde, sollen Akquisitionen in erster Linie über die Telekom erfolgen, die dazu ihre Expertise in Ost- und Südosteuropa ausspielen soll. Derzeit ist der Konzern in Kroatien, Bulgarien, Weißrussland, Slowenien, Serbien, Mazedonien und Liechtenstein aktiv.

„Wir wollen den Aktionsradius von 40 auf 170 Millionen Menschen ausweiten", erklärte Kemler. Im Zuge der Konvergenzstrategie (Telefon, Internet und TV aus einer Hand) stünden nicht nur Telekomunternehmen im Fokus, sondern auch Kabel- und Breitband-Internet-Anbieter. Als Beispiel nannten Kemler und Pecik den serbischen Kabel-TV-Anbieter SBB, deren Kauf man im Vorjahr trotz sehr guter Chancen wegen der teuren Handyfrequenzen abblasen musste.

In Serbien könnte sich nach „Presse"-Informationen erneut eine Chance auftun, wenn die Telekom Srbija privatisiert würde Die Telekom ist 2011 mit ihrem Angebot über 1,1 Mrd. Euro abgeblitzt - der Staat wollte 1,4 Mrd. Euro. Weitere Chancen orten Experten bei der kosovarischen Telekom PTK und in Albanien sowie in der Slowakei. Kemler nannte Rumänien und Griechenland. Konkrete Ziele gibt es laut Kemler noch nicht. Aber: Auf Basis dieser Kapitalspritze werden wir nun die nächsten Projekte angehen."

Dass die allein durch den wettbewerbsbedingten Preisdruck im Mobilfunk und die EU-Eingriffe in Roaming- und Zusammenschaltungstarife schwer unter Ertragsdruck stehende Telekom ohne strategischem Partner im Konsolidierungsstrudel unterzugehen droht, steht für Kemler und Pecik außer Frage. Was auch für den Staat einen enormen volkswirtschaftlichen Schaden bedeuten würde. Denn die Telekom leistet einen jährlichen Beitrag zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) von 1,03 Prozent, ergab eine von der ÖIAG in Auftrag gegebene Studie des Economica Instituts für Wirtschaftsforschung. Anders ausgedrückt: Jeder hundertste in Österreich erwirtschaftete Euro steht mittel- oder unmittelbar im Zusammenhang mit der Telekom. Allein an Steuern generiert die Telekom gut 850 Mio. Euro pro Jahr - mehr als die Grunderwerbssteuer bringt. Ein infolge einer feindlichen Übernahme wahrscheinlicher Abzug der Konzernzentrale bedeutete den Verlust von 500 Arbeitsplätzen und knapp 700 Mio. Euro an Wertschöpfung. (eid)

("Die Presse", Printausgabe vom 2.8.2014)

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