Justiz: Brisantes Urteil zu Privatkrediten

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In einem Musterprozess hat nun ein Gericht klargestellt, dass bei einer Kreditvergabe ohne Bankkonzession kein Anspruch auf Zinsen besteht. Das Urteil wirft einige Fragen auf.

Wien. Wer über viel Geld verfügt, ist meist auf der Suche nach lukrativen Renditen. Doch die Sparbuchzinsen sind derzeit niedrig. Es kommt daher immer öfter vor, dass Vermögende im großen Stil an Freunde und Bekannte Kredite vergeben und dafür Zinsen verlangen. Doch das könnte unter Umständen illegal sein. Dazu liegt nun ein Gerichtsurteil in erster Instanz vor. Zu verdanken ist das dem Verein für Konsumenteninformation, der in einem Musterprozess klären wollte, ob bei Krediten zwischen Privatpersonen auch ein Rechtsanspruch auf Zinsen besteht.

Im konkreten Fall ging es um eine vermögende Pensionistin. Sie ging zu einem Vermögensberater. Dieser riet ihr, Kredite zu vergeben, und stellte dafür gute Zinserträge in Aussicht. Der Vermögensberater vermittelte mehrere Personen, die Geld brauchten, an die Pensionistin. In Summe vergab die Pensionistin 20 Kredite an verschiedene Personen. Als einmal die Zahlung ausblieb, klagte sie die Zinsen in der Höhe von 276 Euro ein. Zu Unrecht, wie der Verein für Konsumenteninformation (VKI) meint. Seiner Ansicht nach handelt es sich im konkreten Fall um ein rechtswidriges Geschäft. Diese Einschätzung hat nun ein Gericht in erster Instanz bestätigt.

Es gilt das Bankwesengesetz

In dem Urteil wurde auf das Bankwesengesetz verwiesen. Demnach hat man ohne Bankkonzession keinen Anspruch auf Zinsen, wenn Kredite nachhaltig und in der Absicht vergeben werden, Einnahmen zu erzielen. Somit hat die Pensionistin den Prozess verloren.

Das Urteil wirft einige Fragen auf. „Der Fall verdeutlicht die Gefahren für private Kreditgeber“, sagt Thomas Hirmke, Jurist beim Verein für Konsumenteninformation. In Internetforen wird über das Urteil diskutiert. Was ist in Österreich noch erlaubt? Wenn jemand einmal im Verwandten- und Freundeskreis Geld verleiht und dafür einen Zinsertrag verlangt, ist das auch künftig möglich, sagt VKI-Jurist Hirmke. Der entscheidende Punkt ist, ob die Kreditvergabe gewerbsmäßig erfolgt. Das ist nur mit einer Bankkonzession möglich.

Im konkreten Fall hatte die Pensionistin 20 Kunden – das war eindeutig zu viel. Im Streitfall wird ein Gericht entscheiden müssen, ab wann eine gewerbsmäßige Kreditvergabe vorliegt.

Wie verhält es sich aber mit den vielen privaten Kreditvermittlern? Diese werben im Internet mit Slogans wie „Kredit für jedermann“ sowie „rasche und unkomplizierte Abwicklung“. Hier sind mehrere Dinge zu beachten. Kredithaie, die sittenwidrige Zinsen verrechnen, machen sich strafbar. Private Kreditvermittler brauchen für ihre Tätigkeit eine Gewerbeberechtigung. Sie haben keine Bankkonzession und dürfen daher nur vermitteln. Sie kennen meist die Konditionen und Spesen von mehreren Banken.

Eine Provision wird nur dann fällig, wenn tatsächlich ein Kredit vermittelt wurde. Ein früherer Test der Arbeiterkammer ergab, dass sich für einen normalen Kreditkunden der Weg zum privaten Vermittler nicht rentiert. Denn fast alle Anbieter sollen von den Mystery-Shoppern der Arbeiterkammer die gesetzliche Höchstgrenze bei den Provisionen  verlangt haben. Diese liegt bei fünf Prozent der Kreditsumme.

Legitim sind weiters Verzugszinsen bei Händlern und Handwerkern, sofern hier der Fokus nicht auf der Erzielung eines Gewinns liegt. Verzugszinsen sollen in erster Linie die entstandenen Kosten (wie beispielsweise die Bearbeitungsgebühren) abdecken.

Ein eigenes Thema ist Crowdfunding. In Österreich fehlt nach wie vor ein verbindlicher rechtlicher Rahmen, damit das Modell Crowdfundig zu einer echten Alternative zum Bankkredit werden kann. Zuletzt haben die Grünen eine neue Initiative für ein Crowdfunding-Gesetz gestartet. Damit soll es vor allem kleinen Firmen leichter möglich sein, an Risikokapital heranzukommen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.08.2014)

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