Das Ende der Hochkonjunktur

ECB Governing Council member Nowotny addresses a news conference in Vienna
ECB Governing Council member Nowotny addresses a news conference in Vienna(c) REUTERS (HEINZ-PETER BADER)
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Der Aufschwung bleibt weiterhin aus. Im zweiten Quartal verflachte sich das heimische Wachstum sogar wieder. Wachstumsraten wie vor der Krise wird es so bald nicht mehr geben.

Wien. Es war ein guter Start in das Jahr 2014. Bei der Präsentation der Jahresprognose im Dezember des Vorjahres verkündete Nationalbank-Präsident Ewald Nowotny öffentlichkeitswirksam das „Ende der Rezession in der Eurozone“. Ein Satz, der auch international für Aufruhr sorgte. Und wahrlich: Die Erwartungen an den Aufschwung im Jahr 2014 waren hoch, nicht nur bei der Nationalbank. Auch die Ökonomen von Wifo und IHS waren optimistisch, genauso wie ihre Kollegen in Berlin, Brüssel oder Washington.
Doch inzwischen kam das böse Erwachen. Laut den am Donnerstag veröffentlichten Zahlen für das zweite Quartal wuchs Österreichs Wirtschaft nur mehr um 0,2 Prozent. Das Wachstum habe sich „verflacht“, so das Wifo. Die Jahresprognose musste bereits im Juni zurückgenommen werden. Ein Schritt, der auch für Deutschland erwartet wird, wo die Wirtschaft im zweiten Quartal sogar um 0,2 Prozent geschrumpft ist. Noch schlimmer ist die Situation beim zweitwichtigsten Handelspartner Österreichs – Italien. Das Land fiel im zweiten Quartal völlig überraschend sogar in die Rezession zurück. Und selbst aus den USA kamen zuletzt leisere Töne. So meinte der stellvertretende Chef der US-Notenbank Fed, Stanley Fischer, erst am Mittwoch, dass die USA wohl nicht mehr an vergangene Zeiten mit Wachstumsraten von vier Prozent und mehr anknüpfen könnten. Künftig sei nur mehr mit zwei Prozent zu rechnen. Eine Prognose, die auch für Europa zutrifft – allerdings gelten hier zwei Prozent als die absolute Obergrenze. Doch warum kommt das Wachstum nicht zurück, und wie schlimm ist das eigentlich? „Die Presse“ hat die Antworten:

1. Wenn die Krise vorbei ist, warum kommt dann das einstige Wachstum nicht mehr zurück?


Vergleicht man die Wirtschaft mit einem Organismus, dann ist er zwar nicht mehr akut krank – die Krise ist also vorbei –, befindet sich aber immer noch in der Rekonvaleszenz. Und diese Phase der Schwäche wird laut Ökonomen auch noch einige Jahre andauern. „Das war ja keine einfache Rezession, sondern eine schwere strukturelle Krise. Die Staaten und in manchen Ländern auch der Privatsektor müssen die vor und in der Krise aufgebauten höheren Schulden jetzt erst abbauen. Das wirkt wie eine Bremse“, sagt IHS-Chef Christian Keuschnigg. Hinzu kommt laut Wifo-Chef Karl Aiginger „eine steigende Unsicherheit, die dazu führt, dass Gewinne nicht mehr so stark investiert werden“. Dies trifft auch auf den Inlandskonsum zu, der sich ebenfalls nur träge entwickelt. Wachstumsimpulse kommen – wenn überhaupt – vor allem aus den Schwellenländern. Aber auch diese leiden immer stärker an Problemen wie Überalterung oder den im Boom auf Kredit aufgebauten Überkapazitäten (siehe Interview auf Seite 2). Zudem fehlen den Schwellenländern zunehmend auch die Abnehmer im Westen. So sorgte die – inhaltlich richtige – neue Sparsamkeit in Europa zu einem deutlichen Anwachsen des Leistungsbilanzüberschusses. Dieses wirkt in anderen Weltgegenden jedoch als Wachstumshemmnis. „Wachstum kann in Europa nur mehr über die Verschiebung von unqualifizierter hin zu qualifizierter Arbeit geschehen“, sagt Aiginger. Doch das geschehe auch nicht, da es dafür Reformen brauchte. „Diese finden aber weder in Österreich noch in Europa in ausreichendem Maße statt.“

2. Die Notenbanken fluten doch die Märkte mit Geld. Bringt das gar nichts?


Die Geldschwemme, die 2009 von der Fed und etwas abgeschwächt von der EZB in Gang gesetzt wurde, hat nicht so (stark) gewirkt, wie von ihren Befürwortern erwartet. Das Geld ist, nicht zuletzt aufgrund der verschärften Kreditvergaberegeln für Banken, nur zu geringen Teilen in die Realwirtschaft durchgesickert. Zudem kann auch mehr Geld strukturelle Probleme nicht lösen. Ob dies schlecht ist, steht ohnehin auf einem anderen Blatt. So wurde zwar das Wachstum nicht so stark angeheizt, dafür blieb auch die andernfalls zu erwartende hohe Inflation samt extremer Blasenbildung auf den Märkten weitgehend aus (auf den Finanz- und lokalen Immobilienmärkten dürfte es wieder Blasen geben).

3. Wo ist eigentlich das Problem, wenn wir schwächer wachsen? Es geht uns doch gut.

Das Hauptproblem bei zu schwachem Wachstum ist die Zunahme der Arbeitslosigkeit. So wurden hierzulande im Juli 28.000 neue Jobs geschaffen; mit 3,6 Millionen gab es einen Rekord bei der Zahl der Beschäftigten. Dennoch stieg die Arbeitslosigkeit an. Warum? Weil mit 60.000 Menschen noch mehr zusätzliche Personen auf den Arbeitsmarkt drängten. Das Wirtschaftswachstum war also zu schwach, um mit dem Wachstum beim Arbeitskräfteangebot mitzuhalten.

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