Seit drei Jahren läuft der Rechtsstreit Bawag gegen Linz. Ein Ende ist nicht in Sicht. Die Verzugszinsen sind auf 100 Mio. Euro gestiegen. Zahlen wird das möglicherweise der Steuerzahler.
Wien. Im Prozess Bawag gegen Linz um ein missglücktes Swap-Geschäft ist es still geworden. Doch für jeden Tag, der ungenutzt verstreicht, verlangt die Bawag 100.000 Euro an Verzugszinsen. Das ist auch der Grund, warum der Streitwert laut Bawag mittlerweile auf knapp 530 Millionen Euro gestiegen ist. Als der Konflikt im Herbst 2011 begonnen hat, ging es um 417,7 Millionen Euro. Seitdem sind über 110 Millionen Euro an Verzugszinsen und Verfahrenskosten hinzugekommen.
Bawag-Chef Byron Haynes warf der Stadt Linz am Mittwoch vor, jede Gelegenheit zu nutzen, um das Verfahren zu verzögern. Der Banker vermutet, dass die Verantwortlichen in Linz alles tun, um über die im nächsten Jahr stattfindenden Gemeinderatswahlen zu kommen. Linz wird traditionellerweise von der SPÖ regiert. Im Vorjahr war der langjährige Bürgermeister Franz Dobusch (SPÖ) zurückgetreten. Dobusch wies eine Verantwortung in der Swap-Affäre zurück. Sein Nachfolger, Klaus Luger, sprach sich für einen außergerichtlichen Vergleich mit der Bawag aus. Doch zwei Sondierungsgespräche sind ergebnislos verlaufen. Seit Juli ruht der Prozess am Wiener Handelsgericht, weil Linz gegen den zuständigen Richter, Andreas Pablik, einen Befangenheitsantrag einbrachte.
Nun gibt es zwei Möglichkeiten: Setzen sich die Linzer durch, beginnt der gesamte Prozess von vorn. Wird der Antrag abgelehnt, können die Linzer dagegen berufen. Damit würde sich das Verfahren weiter verzögern. Beobachter gehen davon aus, dass die Auseinandersetzung durch alle Instanzen ausgetragen wird und daher noch vier bis sechs Jahre dauern könnte. Zum Handkuss kommt möglicherweise der Steuerzahler.
Wer zahlt den Schaden?
Der frühere Finanzminister Hannes Androsch (SPÖ) meinte vor einem Jahr, der Schaden könnte im schlimmsten Fall die Milliardengrenze erreichen: „Am Ende hätten die Republik und damit der Steuerzahler den größten Anteil zu tragen, weil weder die Bawag noch die Stadt Linz diese enorme Summe aufbringen können.“
Der Linzer Bürgermeister, Klaus Luger, weist die Vorwürfe der Bawag zurück: Der Befangenheitsantrag gegen den Richter sei auf Empfehlung der Anwälte erfolgt. Nicht nur die SPÖ, sondern auch die anderen Parteien hätten hier zugestimmt. Luger stellt auch die von der Bawag genannte Schadenshöhe infrage.
Abgesehen von der Causa Linz läuft es für die Bawag geschäftlich gut. Im ersten Halbjahr 2014 stieg der Nettogewinn auf 175 Millionen Euro. Das ist im Vergleich zum ersten Halbjahr 2013 ein Plus von 86,6 Prozent. Denn im Gegensatz zur Erste Bank, die zuletzt einen Verlust verbuchte, ist die Bawag nicht in Osteuropa vertreten.
In den vergangenen zwölf Monaten wurden zudem 15Prozent der Mitarbeiter abgebaut. Damit ist der Personalstand auf 2973 Personen gesunken. Laut Bawag-Chef Haynes sei das Sparprogramm „Bolero“ Ende Juni ausgelaufen. Haynes schloss aber einen weiteren Personalabbau nicht aus.
Wie es mit der Bawag weitergeht, ist offen. Gerüchten zufolge wollen die beiden US-Haupteigentümer, die Finanzinvestoren Cerberus und Golden Tree, aussteigen. Eine mögliche Variante ist ein Börsengang. Doch laut „Presse“-Informationen wird sich hier nichts tun, solange der Stresstest der Europäischen Zentralbank läuft. Die EZB wird die Testergebnisse Ende Oktober veröffentlichen. Haynes meinte am Mittwoch zu den Eigentümern: „Irgendwann werden die Finanzinvestoren aussteigen wollen.“ Derzeit sei aber nichts geplant.
AUF EINEN BLICK
Der Nettogewinn der Bawag ist im ersten Halbjahr 2014 um 86,6Prozent auf 175 Millionen Euro gestiegen. Ein Vorteil ist, dass die Bank nicht mehr in Osteuropa vertreten ist. Außerdem hat die Bawag in den vergangenen zwölf Monaten den Mitarbeiterstand um 15 Prozent reduziert. Die Bank gehört den US-Finanzinvestoren Cerberus und Golden Tree.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.08.2014)