Faserindustrie: Lenzing dreht noch einmal an der Kostenschraube

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Der Preisverfall bei Viskosefasern ist durch die Kapazitätserhöhung nicht wettzumachen. Das Sparpotenzial von 160 Mio. Euro soll erhöht und schon im kommenden Jahr erreicht werden.

Wien. Kosten runter – Sparpotenzial rauf: Auf diesen einfachen Nenner lässt sich die Strategie beschreiben, mit der Lenzing-Chef Peter Untersperger den weltgrößten Viskosefaserhersteller in dem mehr als schwierigen Marktumfeld auf Kurs halten will. Seit drei Jahren sind die Faserpreise im Tiefflug – allein im vergangenen Halbjahr kostete der Preisverfall von 12,5 Prozent rund 140Mio. Euro Betriebsergebnis. Eine Trendwende sei nicht in Sicht, betonte Untersperger und kündigte daher an, das Sparprogramm nachzuschärfen.

Das gefiel den Anlegern und Analysten, die auf den Sparkurs seit dem Frühjahr eingestimmt sind. Die Lenzing-Papiere, die sich binnen Jahresfrist um rund zwölf Euro verbilligt haben, sprangen um knapp fünf Prozent in die Höhe.

Jobabbau ohne Kündigungen

Heuer sollen 90 statt der bisher angepeilten 60 Mio. Euro eingespart werden. Und das für 2016 angestrebte Volumen von 160 Mio. Euro soll möglicherweise aufgestockt und schon ein Jahr vorher erreicht werden. Bis Mitte Juli hat der Konzern den Personalstand bereits um 500 Vollzeitstellen reduziert, rund 200 davon in Oberösterreich. Die Zahl der Leiharbeiter fiel von 300 auf rund 120. Das sei ohne Kündigungen, aber mit flexiblen Arbeitszeitmodellen und der Ausnutzung der Fluktuation erreicht worden, so Untersperger. So soll es weitergehen, in Summe ist von einem Abbau von 600 Stellen die Rede. Einen Sozialplan dafür gibt es nur in Österreich.

Aber der Lenzing-Chef schloss „grundsätzlich nichts aus“, da die Preise in absehbarer Zeit nicht steigen dürften. Alle Standorte stünden auf dem Prüfstand. „Wir müssen uns ansehen, ob wir die richtigen Produkte an den richtigen Standorten zu den besten Kosten produzieren“, so Untersperger. Das bedeutet, dass etwa Modalfasern nicht nur in Lenzing oder Textilviskosefasern nicht mehr in Lenzing, sondern nur noch in Indonesien produziert werden könnten. Erklärtes Ziel ist, keine Verluste zu schreiben.

Außerdem soll nur mehr gezielt investiert werden: Die ohnedies schon zurückgefahrenen Investitionen halbierten sich in der ersten Jahreshälfte auf 64,2 Mio. Euro. Das neue Werk in Indien und die Ausbaupläne in Indonesien sind schon länger auf Eis gelegt.

Schuld am Preisverfall ist China: Das Land hält seit einiger Zeit die Baumwolllager künstlich voll und beeinflusst so den Baumwollpreis. Dieser ist allein seit März 2014 um 18 Prozent gesunken. Das wirkt sich auf den gesamten Fasermarkt negativ aus.

Der preisbedingte Umsatzrückgang von rund 100 Mio. Euro konnte durch den um acht Prozent auf das Rekordniveau von 474.000 Tonnen gesteigerten Absatz nur teilweise aufgefangen werden, sagte der neue Lenzing-Finanzvorstand Thomas Riegler. Beim Ergebnis schlug der Preisdruck voll durch: Das Betriebsergebnis (Ebit) sank um 56 Prozent auf 32,4 Mio. Euro, der Nettogewinn brach von 45,2 auf 15,2 Mio. Euro ein.

Chinesen lieben Tencel

Die Chinesen sind aber auch die „Guten“: Sie reißen Lenzing-Produkte aus der Hightech-Faser Tencel förmlich aus der Hand. Das betrifft Bekleidung und Heimtextilien genauso wie Kosmetiktücher und Hygieneprodukte. „Es gibt in China eigene Hochzeitskollektionen für Bettwäsche aus Tencel – das ist natürlich super für uns“, erzählte Untersperger. Da kommt die binnen zweier Jahre um 150 Mio. Euro errichtete weltgrößte Tencel-Anlage in Lenzing gerade recht. Sie wird momentan hochgefahren und hat eine Kapazität von 67.000 Tonnen. „Wir wollen auch nicht nur durch Kostensparungen aus der Krise“, meinte Riegler. Die Fasern seien im dritten Quartal schon sehr gut verkauft. (eid)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.08.2014)

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