Hypo: Milliardenschaden durch Betrug

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The logo of nationalised lender Hypo Alpe Adria is pictured at the bank´s headquarters in Klagenfurt(c) REUTERS (HEINZ-PETER BADER)
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Durch kriminelle Vorgänge sollen der Hypo 1,4 Milliarden bis 1,6 Milliarden Euro entwendet worden sein. Der größte Schaden dürfte in Österreich und nicht auf dem Balkan entstanden sein.

Wien. Die Hypo Alpe Adria hat am Mittwoch in einer Ad-hoc-Meldung bekannt gegeben, dass sie im ersten Halbjahr 2014 einen Milliardenverlust gemacht hat. Am Freitag stellte sie den detaillierten Halbjahresbericht ins Internet. Darin heißt es, dass die Bank bis Ende Juni 2014 insgesamt 88 Sachverhaltsdarstellungen mit einer Schadenssumme von insgesamt 1,4 Milliarden Euro aufbereitet und bei den Staatsanwaltschaften im In- und Ausland eingebracht hat. Zusätzlich sind sieben Zivilprozesse gegen ehemalige Entscheidungsträger und Drittparteien mit einem Gesamtstreitwert von rund 109Millionen Euro anhängig.

Der Fokus der Aufarbeitung richtete sich im ersten Halbjahr 2014 auf die großen Themenbereiche BayernLB, Consultants und Liechtenstein sowie auf Untersuchungen in den Ländergesellschaften, insbesondere in Bulgarien und Italien. Laut „Wall Street Journal“ soll der Verlust aus möglichen Betrugsfällen sogar auf 1,6 Milliarden Euro gestiegen sein.

Interessant ist, dass der Hypo das meiste Geld nicht auf dem Balkan, sondern in Österreich entwendet wurde. Von den 1,6 Milliarden Euro sollen 890 Millionen Euro auf Österreich entfallen, 250 Millionen Euro auf Geschäftsfälle in Kroatien, 164 Millionen Euro auf Bosnien und Herzegowina, 130Millionen Euro auf Italien und 100 Millionen Euro auf Bulgarien. Um kleinere Beträge geht es in Montenegro, Serbien und Slowenien. Weitere Details dazu sind nicht bekannt.

Nicht nur die Bank soll geschädigt worden sein, Kunden erheben ebenso Vorwürfe gegen die Hypo. Wie aus dem Halbjahresbericht hervorgeht, dürfte auch nach der Verstaatlichung im Jahr 2009 einiges schiefgelaufen sein. So hat eine Überprüfung ergeben, dass in einigen Ländern „insbesondere in den Jahren 2009 bis 2012 Leasinggesellschaften die mit den Kunden vereinbarten Zinsanpassungsklauseln fehlerhaft angewendet haben“. Einige Fälle seien bereits gerichtsanhängig. Nun wird geprüft, ob „allenfalls ein strafrechtlich relevantes Verhalten gesetzt worden ist“.

Hunderte Hypo-Kunden klagen

Ein weiteres Problem sind die vielen Fremdwährungskredite, die von der Hypo in den letzten zehn Jahren an Privatkunden in Osteuropa vergeben wurden. In Gerichtsprozessen wird der Bank vorgeworfen, dass die Kunden bei Abschluss des Vertrags nicht ausreichend informiert worden und die Zinsanpassungsklauseln vertragswidrig seien. Derzeit liegen schon erstinstanzliche und zweitinstanzliche Gerichtsurteile in Serbien, Kroatien, Bosnien und Herzegowina sowie Montenegro vor. Die Prozesse seien laut Halbjahresbericht „größtenteils zu Lasten der beklagten Tochterbanken ergangen“, teilweise aber auch zu ihren Gunsten. Die Hypo ist derzeit nicht in der Lage, eine verlässliche Einschätzung des Prozessausgangs aller weiteren Fälle oder der finanziellen Auswirkungen zu nennen.

Allein in Bosnien und Herzegowina sind 676 Gerichtsverfahren gegen die dortige Hypo-Tochter anhängig. „Nach derzeitigem Kenntnisstand ist darüber hinaus von weiteren 1500 drohenden Verfahren auszugehen, die dieselbe Thematik betreffen“, heißt es. In der Republik Srpska ist das Institut mit 172 Gerichtsverfahren konfrontiert. Die Bank hat dort eine Reihe von Prozessen verloren.

Indes könnte Österreich wegen des Hypo-Schuldenschnitts in das Visier eines amerikanischen Hedgefonds geraten. Laut „Wall Street Journal“ hält der Fonds Aurelius Capital nachrangige Hypo-Anleihen, die vom Schuldenschnitt betroffen sind. Aurelius Capital gehört zu jenen Fonds, mit denen Argentinien Probleme hat.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.08.2014)

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