Die Notenbank will ihre Reserven wieder auffüllen

(c) APA (Robert Jaeger)
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Im Vorjahr 247 Mio. Gewinn, 2008 könnte es weniger sein. Liebscher hat mit Finanzminister Wilhelm Molterer bereits Gespräche geführt und ortet bei diesem „Verständnis“ für die Wünsche der Notenbank.

Wien (dom). Für 2007 überweist die Oesterreichische Nationalbank an den Finanzminister 212 Mio. Euro, um 34 Mio. Euro mehr als ein Jahr zuvor. Derzeit muss die Notenbank nicht nur Körperschaftssteuer zahlen, sondern auch 90 Prozent ihres Gewinns an den Bund abliefern. Das will Gouverneur Klaus Liebscher ändern, er drängt auf eine Reform und verlangt eine massive Nachdotierung der Reserven. „Seit der Gründung der Währungsunion vor rund zehn Jahren haben sich unsere Eigenmittel mehr als halbiert. Damit sind sowohl unserer Ertragskraft als auch unserer Fähigkeit, Risken zu verkraften, Grenzen gesetzt,“ so Liebscher vor Journalisten.

Liebscher hat mit Finanzminister Wilhelm Molterer bereits Gespräche geführt und ortet bei diesem „Verständnis“ für die Wünsche der Notenbank. Derzeit darf die Notenbank Kursgewinne, die sie etwa aus Gold- oder Devisenverkaufen lukriert, nicht in die Reserven einstellen, sondern muss sie an den Staat weitergeben. Die Republik hält 70 Prozent der Notenbankaktien, die anderen Aktionäre – Sozialpartner und Banken – bekommen nur zehn Prozent auf das Grundkapital, das mit zwölf Mio. Euro aber minimal ist.

Wie eine Aufstockung der Reserven konkret erfolgen könnte und welche Reservenhöhe optimal wäre, ließ Liebscher mit Hinweis auf die laufenden Verhandlungen offen. Denkbar wäre etwa eine Senkung der Ausschüttungsquote auf 70 oder 80 Prozent. Ob er mit dem Finanzminister noch vor dem 31. August einig wird – dann löst Ewald Nowotny Liebscher als Gouverneur ab, lässt er offen: „Ich bin aber grundsätzlich ein optimistischer Mensch.“

Dass die Notenbank Reserven braucht, zeigte auch das Geschäftsjahr 2007. Unterm Strich verdiente die Notenbank 247 Mio. Euro, um rund ein Viertel mehr als ein Jahr zuvor. Aus dem geschäftlichen Ergebnis, das um 53 Prozent auf 654 Mio. Euro zulegte, mussten 407 Mio. Euro für Kurs- und Währungsrisken rückgestellt werden.

Das erste Quartal 2008 ist laut Liebscher gut gelaufen, trotzdem dürfe sich der Finanzminister nicht allzu viel erwarten. „Mehr wird es nicht,“ so Liebschers Prognose für den Notenbankgewinn 2008.

Im Vorjahr verringerte die Notenbank ihren Personalstand von 932 auf 918 Beschäftigte. Bis 2010 wollte man laut Liebscher auf unter 900 kommen. Da die Notenbank seit Jahresanfang aber zusätzliche Kompetenzen in der Bankenaufsicht hat, dürfte sich heuer der Personalstand eher erhöhen.

„Wirtschaft nicht krank reden“

Im Vorjahr hat die Notenbank insgesamt neun Tonnen Gold verkauft, durch den Goldpreisanstieg ist der Wert der Goldreserven dennoch um rund 600 Mio. Euro gestiegen. Bei der Veranlagung ihrer Reserven erzielte die Notenbank im Vorjahr insgesamt eine Rendite von 4,3 Prozent nach 3,3 Prozent im Jahr 2006.

Liebscher warnte vor Wirtschaftspessimismus: „Es gibt keinen Grund die Konjunktur krank zu reden.“ Bei der Inflation gibt es keine Entwarnung, Liebscher schließt kurzfristig sogar eine noch höhere Inflation nicht aus. Forderungen nach einer EZB-Zinssenkung erteilte er eine klare Absage: „Zentralbanker werden dafür bezahlt, dass sie die Preisstabilität sicherstellen.“

AUF EINEN BLICK

Die Nationalbank muss 90 Prozent ihres Gewinns an den Bund abliefern. Weil die Eigenmittel der Notenbank deutlich gesunken sind, verhandelt Gouverneur Liebscher mit dem Finanzminister über eine niedrigere Quote. Für 2007 erhält der Bund 212 Mio. Euro.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.05.2008)

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