Hypo: Finanzminister Schelling kritisiert Zaudern seiner Vorgänger

Hans Jörg Schelling
Hans Jörg SchellingDie Presse (Stanislav Jenis)
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Man hätte nicht zwei Jahre über die Hypo diskutieren dürfen, sagt der neue Finanzminister Hans Jörg Schelling im "Presse"-Interview.

Die Presse: Herr Minister, wenn Sie die Finanzminister Österreichs Revue passieren lassen, gibt es da Vorbilder?

Hans Jörg Schelling: Ein paar Tage nach meinen Amtsantritt maße ich mir nicht an, einen meiner Vorgänger als Vorbild zu sehen, weil die anderen, die auch gut waren, wohl beleidigt wären. Meine Vorbilder in der Politik sind Julius Raab und Konrad Adenauer.

Wenn Sie Raab sagen, sprechen Sie von einer Zeit, in der Österreich zuletzt einen Budgetüberschuss geschafft hat. Es war 1962.

Es gab später dann auch Nulldefizite, diese wurden aber im Nachhinein infrage gestellt.

Wenn wir schon auf historischen Pfaden sind: Wie soll das Wirken des Finanzministers Hans Jörg Schelling einst von der Nachwelt beschrieben werden?

Mir würde es ausreichen, wenn es einmal hieße: Das war ein beinharter, fleißiger Arbeiter, der versucht hat, die Dinge anzupacken, zu gestalten und kreative Lösungen zu finden, die uns aus so mancher Sackgasse herausgeführt haben. Und er hat etwas gemacht, was nicht nur für das Budget, sondern auch für die Menschen gut war.

Wie beurteilen Sie das Wirken Ihrer Vorgänger Pröll, Fekter und Spindelegger in Bezug auf die Hypo? Hätten Sie etwas anders gemacht?

Ich hätte es wahrscheinlich anders gemacht. Es ist aber ungerecht, den dreien in derselben Tonalität zu begegnen, weil jeder mit einer anderen Situation konfrontiert war. Ich meine, dass Banken und Finanzmarkt rasche und klare Entscheidungen erfordern. Diese Entscheidungen mögen im Nachhinein betrachtet falsch oder richtig gewesen sein. Was der Markt aber auf keinen Fall verträgt, ist zwei Jahre darüber zu diskutieren: „Was machen wir jetzt mit der Hypo?"

Was machen Sie jetzt mit der Hypo?

Mein Ziel ist es, dass wir die Problematik sehr rasch klären und lösen. Die Bad Bank ist aufgesetzt, für die Deregulierung Ende Oktober sind wir im Zeitplan. Auch beim Verkauf der Rest-Hypo habe ich einen äußerst straffen Zeitplan gesetzt.

Als früherer Aufsichtsratspräsident der ÖVAG wissen Sie sicher, ob dort der Steuerzahler erneut einspringen muss. Muss er?

Nein, muss er nicht. Wir erwarten im Verlauf des Oktober die Ergebnisse des Stresstests. Danach gibt es eine Frist von sechs bis neun Monaten, um den gewünschten Zustand wiederherzustellen. Aber innerhalb von zwei Wochen müssen wir schon bekannt geben, wohin die Reise geht.

Wie sehen Sie die Zukunft der Staatsholding ÖIAG? Auflösen oder mittels zusätzlicher Beteiligungen wiederbeleben?

Ich habe eine Untersuchung in Auftrag gegeben, um zu eruieren, was sinnvollerweise in die ÖIAG gehört. Über das Auflösungsszenario braucht man aus heutiger Sicht weniger nachzudenken.

Haben Sie ein Problem mit Siegfried Wolf als ÖIAG-Präsidenten? Er hat ja ein Naheverhältnis zu Wladimir Putin.

Damit habe ich kein Problem. Ich hatte auch schon ein Gespräch mit ihm und glaube, dass er die Dinge sehr gut auseinanderhalten kann. Außerdem hat der ÖIAG-Aufsichtsrat entschieden, dass Wolf an die Spitze kommt.

Womit wir bei der Russland-Krise wären. Kann Österreich da sagen, dass die Sanktionen nicht verschärft werden sollen, weil das für die Wirtschaft ein Problem ist? Oder müsste nicht einfach den politischen Realitäten ins Auge gesehen werden?

Ich glaube schon, dass wir erkennen müssen, dass Putins Vorgangsweise nicht hinzunehmen ist. Daher stehe ich auch zu den Sanktionen. Und die haben es so an sich, dass sie Auswirkungen haben. Wir können aber noch nicht abschätzen, wie lange all das dauern wird und welche Gegensanktionen zu erwarten sind. Derzeit schlagen die Sanktionen auf unsere Wirtschaft nicht so stark durch. Langfristig können sie aber ein ernsthaftes Problem werden.

Aber kurzfristig kommen die Begehrlichkeiten. Wird es neue Förderungen geben?

Nein, im Gegenteil. Wir analysieren gerade alle Förderungen. Ich will wissen, was mit welchen Förderungen passiert – und zwar auf Ebene des Bundes, der Länder, der Kommunen. 2012 wurde bei der Regierungsklausur in Loipersdorf beschlossen, dass der Förderdschungel durchforstet wird. Bis heute ist nichts geschehen. Ich glaube, das versteht niemand mehr. Wir haben in dieser Legislaturperiode noch vier Jahre Zeit zu beweisen, dass wir es können, dass wir es wollen, dass wir es machen.

Bei den Steuern sind die Zuständigkeiten klar verteilt: Der böse Bund hebt sie ein, die braven Länder verteilen das Geld. Bleibt das so?

Ich möchte sicherstellen, dass bis zum nächsten Finanzausgleich alle Länder, Städte und Kommunen und der Bund nach demselben Haushaltsrecht budgetieren. Das ist eine wichtige Voraussetzung, um Transparenz zu schaffen.

Sollen Bundesländer auch Steuern einheben können?

Ich stehe dem völlig neutral gegenüber, das ist zu prüfen. Ich glaube aber nicht, dass wir in den Bundesländern unterschiedliche Mehrwert- oder Einkommensteuern haben sollten.

Sie lassen prüfen, untersuchen, evaluieren. Wann wird tatsächlich etwas geschehen?

Das Thema Haushaltsordnung werden wir heuer noch zu Ende verhandeln. Bis Juni werden wir einen konkreten Vorschlag für das Steuerreformmodell und für die Gegenfinanzierung machen.

Den berühmten Satz von George Bush „No new taxes“ unterschreiben Sie?

Nein.

Also doch neue Steuern?

Nein, keine neuen Steuern. Ich halte nur den Bush-Satz für nicht übertrieben gescheit. Österreich hat ein Ausgabenproblem, und wir sind verpflichtet, die Ausgaben in den Griff zu bekommen. Wir haben eine der höchsten Steuer- und Abgabenquoten. Neue Steuern, das versteht niemand.

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