Politzwist um ÖIAG: Kemler unter Druck

Kemler
Kemler(c) Die Presse - Clemens Fabry
  • Drucken

SPÖ und ÖVP liegen in Sachen Staatsholding mehr denn je im Clinch. Es wird nicht nur um Firmen gestritten, sondern auch um Positionen. Die österreichische Lösung: Es bleibt alles beim Alten.

Wien. Eigentlich geht es nächste Woche bei der Regierungsklausur um große Brocken: die Steuerreform, die Bildung und die „Entfesselung“ des Wirtschaftsstandorts. Ein Thema, das längst erledigt sein könnte, hält die Koalitionspartner derzeit aber mehr in Atem – wenn es nach der Zahl der Wortspenden geht: die Zukunft und mögliche Kompetenzerweiterung der ÖIAG.

Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) zeigten sich vor zehn Tagen noch reformfreudig und betonten, „dass der frische neue Wind in der Bundesregierung auch hier Rückenwind bedeutet“. Nun liegen die Positionen mehr denn je auseinander. Am Freitag dementierte Minister Josef Ostermayer (SPÖ), dass auch die ÖBB unter das ÖIAG-Dach kommen könnten. Von Asfinag und Verbund – ebenfalls Kandidaten für einen Wechsel zur Staatsholding – sagte Ostermayer nichts. Das tat Parteikollege Infrastrukturminister Alois Stöger: Er verwehrte sich dagegen, Unternehmen aus seinem Einflussbereich (Asfinag und ÖBB) an die ÖIAG abzutreten. Gepokert wird, wie so oft, auch um Positionen: SPÖ und ÖVP sollen sich einen „Beobachter“ im ÖIAG-Aufsichtsrat wünschen, sagte man zur „Presse“. Nach dem Rücktritt von Brigitte Ederer ist auch eine Stelle vakant – aber nur eine.

Insider schließen aufgrund des Tauziehens nicht aus, dass es letztlich zu einer typisch österreichischen Lösung kommt – und alles beim Alten bleibt. Das wiederum würde ÖIAG-Chef Rudolf Kemler unter Zugzwang bringen. Er ist vor zwei Jahren mit dem Ziel angetreten, die Staatsholding zu einem Beteiligungsmanagementvehikel großen Stils mit angeschlossenem Innovationsfonds zu machen. Das Konzept liegt seither im Finanzministerium. Wird es nur in Teilen oder gar nicht umgesetzt, hat Kemler schlechte Karten.

Der Zeitpunkt ist denkbar sensibel, denn es wird jetzt entschieden, ob Kemlers bis 2015 laufender Vertrag um die Option bis 2017 verlängert wird. In ÖIAG-Kreisen heißt es, dass eine Ablöse nicht zur Diskussion stehe.

Der neue Holding-Präsident Siegfried Wolf leistet Kemler bei der Neuausrichtung der Staatsholding Schützenhilfe. Allerdings gilt Wolf auch als ein Mann, der die Zügel in der Hand hält. Er selbst bezeichnete sich beim Amtsantritt als aktiver Präsident. Das hätten, wie es heißt, nicht nur Kemler, sondern auch die Chefs der ÖIAG-Beteiligungen schon zu spüren bekommen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.09.2014)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.