Kommunalkredit: Das Wirtschaftsproblem der Justiz

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Die Pleite der Kommunalkredit kostete Milliarden. Der Prozess wird Ex-Managern nun aber nur wegen "Details" gemacht. Und auch hier tut sich das Strafrecht mit einer Antwort schwer.

Wien. Es war der größte Verlust einer österreichischen Bank in der Geschichte der Zweiten Republik. 2,6 Mrd. Euro Minus musste die Kommunalkredit im Jahr 2008 hinnehmen. Nur die Verstaatlichung konnte sie damals retten. Für die heimischen Steuerzahler ein ziemlich teures Geschäft – zwei Mrd. Euro hat die direkte Rettungsaktion samt späteren Kapitalzuschüssen gekostet, weitere 7,2 Mrd. Euro beträgt die Bad Bank (KA Finanz), die seit Dienstag auch voll in die heimische Staatsschuld durchschlägt. Nach der Hypo Alpe Adria ist die Kommunalkredit somit das größte Bankenproblem der Republik.

Kein Wunder also, dass schon im Frühjahr 2009 erste Rufe nach einer strafrechtlichen Aufarbeitung der Causa laut wurden. Und die Staatsanwaltschaft nahm sich damals auch relativ bald der ganzen Sache an. Ermittelt wurde zeitweise gegen bis zu 14 Beschuldigte (darunter auch Ex-Bildungsministerin Claudia Schmied). Doch ein Großteil der Ermittlungen führte ins Leere. So wurde etwa das Verfahren wegen der massiven Spekulationen mit Kreditausfallsversicherungen (CDS) – beispielsweise für griechische Staatsanleihen – eingestellt. Bankinterne Richtlinien seien dabei nicht verletzt worden.

Komplexer Sachverhalt

Übrig geblieben sind der Vorwurf der Bilanzfälschung und der Untreue gegen Ex-Kommunalkredit-Chef Reinhard Platzer, Ex-Vorstand Leopold Fischer und zwei ehemalige Prokuristen. Darüber fand am Mittwoch der erste Tag der Hauptverhandlung statt. Schon bei den Eröffnungsplädoyers wurde klar, warum sich die Justiz mit der strafrechtlichen Aufarbeitung der Milliardenverluste aus der Finanzkrise so schwertut: Die Sachverhalte sind äußerst komplex, und es dreht sich vielfach um die heute schwer zu beantwortende Frage über die Bewertung von Firmen oder Wertpapieren.

So versuchte Staatsanwältin Beatrix Winkler zuerst einmal mittels Powerpoint-Präsentation, die Struktur und Arbeitsweise der Kommunalkredit zu erklären, bevor sie auf die angeklagten Vorwürfe zu sprechen kam. Nicht zuletzt, um die Causa für die Schöffen greifbarer zu machen, griff sie dabei auf leicht verständliche Beispiele aus dem Alltagsleben zurück. So sei die Auslagerung von faulen Wertpapieren in eine Zweckgesellschaft etwa, „wie wenn man Kekse von einer Küchenlade in die andere legt, weil man hofft, dass sie dort haltbarer sind. Es verschimmeln aber immer noch dieselben Kekse.“

Konkret wirft die Staatsanwaltschaft Platzer und Fischer vor, dass sie die Kommunalkredit schädigten, als sie „faule“ Wertpapiere in eben eine solche Zweckgesellschaft– die Cora KG – ausgelagert haben. Da Cora kein Geld hatte, musste sie sich über Kredite finanzieren. Kredite, die die Kommunalkredit nicht direkt vergeben konnte, weshalb sie anderen Finanzinstituten Kredite gewährte bzw. Haftungen übernahm. Diese gaben dafür Cora Kredite. Allerdings erhielt die Kommunalkredit für ihre eigenen Kredite weniger von den anderen Banken, als diese von Cora verlangten. Das Risiko blieb in Form von zusätzlichen Klauseln zudem weiterhin bei der Kommunalkredit, was in der Bilanz jedoch nicht ausgewiesen worden sei. Laut Staatsanwaltschaft entstand so ein Schaden von knapp 500.000 Euro. Wären die Verträge nicht nach der Verstaatlichung aufgelöst worden, wären sogar bis zu fünf Mio. Euro Schaden möglich gewesen.

Darüber hinaus hat die Kommunalkredit im Herbst 2008 auch direkt einen Kredit an Cora vergeben, um Lehman-Anleihen zu kaufen, die von der Kommunalkredit bei HSBC geparkt worden waren. Zu diesem Zeitpunkt sei Cora bereits „beinahe zahlungsunfähig“ gewesen. Möglich wurde die direkte Kreditvergabe, da Cora inzwischen verkauft worden war. Der Acht-Millionen-Kredit musste wertberichtigt werden. Den Schaden gibt die Staatsanwaltschaft jedoch nur mit 5,75 Mio. Euro an, weil der Kaufpreis laut einem Gutachten zu hoch angesetzt war: Cora hat der Kommunalkredit also zu viel für ihre Papiere bezahlt.

Kein Wert, kein Schaden?

Es ist nicht zuletzt der Punkt mit dem zu hohen Kaufpreis, weswegen sich die Anwälte der vier Angeklagten – die allesamt auf „unschuldig“ plädieren – auf die Anklage einschießen. „Wären die Lehman-Papiere gar nichts wert gewesen, der Kaufpreis also zu hundert Prozent überhöht, dann wäre nach dieser Logik gar kein Schaden entstanden“, so Gerald Ruhri, der Anwalt von Leopold Fischer.

Die Auslagerung der Papiere an Cora werde grundsätzlich ja auch von der Staatsanwaltschaft nicht beanstandet. Dies sei eben auch ein international übliches Vorgehen gewesen und habe den Sinn gehabt, das Rating der Kommunalkredit nicht zu gefährden. Und die Differenz bei den Krediten könne man nicht isoliert betrachten, sondern nur im Kontext eines „gesamten Sanierungskonzepts“, so Mario Schmieder, der Anwalt von Reinhard Platzer. „Die Staatsanwaltschaft nimmt aus einem komplexen Sachverhalt ein Detail und macht eine DNA-Analyse.“

Viel wird also auch in diesem Verfahren von Gutachtern und Sachverständigen abhängen. Der bisherige Sachverständige, Gerhard Altenberger, wird von allen vier Anwälten abgelehnt. Er habe im Ermittlungsverfahren quasi als „verlängerter Arm der Staatsanwaltschaft“ gearbeitet. Ob er dennoch in der Verhandlung gehört wird, muss das Gericht erst entscheiden. Ein Urteil soll es nach zehn Verhandlungstagen am 24.Oktober geben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.10.2014)

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