Fliegen: Dicke sollen bald mehr zahlen

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Angesichts hoher Ölpreise werden Fluglinien immer kreativer – die AUA drosselt die Geschwindigkeit und spart beim Wasser.

Wien. Übergewicht? Derzeit müssen Flugpassagiere nur für Gepäck, das über dem Limit von 15 bzw. 20 Kilogramm wiegt, tiefer in die Tasche greifen. Das könnte sich bald ändern. Offiziell gibt keine Airline entsprechende Pläne zu – aber hinter verschlossenen Türen wird ernsthaft überlegt, Ticketpreise vom Gewicht des Passagiers abhängig zu machen.

Angesichts des Höhenflugs des Öl- und damit des Kerosinpreises werden Fluglinien bei ihren Bemühungen, die Kosten zu senken, immer kreativer und brechen dabei auch Tabus. „Weil sich die Treibstoff-Kosten seit dem Jahr 2000 fast verdreifacht haben und bei mancher Fluglinie schon bis zu 40 Prozent des Betriebsaufwandes ausmachen, steht alles auf dem Prüfstand“, beruft sich die Nachrichtenagentur Bloomberg auf Zahlen der Air Transport Association (ATA).

Zu diesen Tabus gehören auch Ticketpreise, die sich nach dem Gewicht des Reisenden richten. In der Frühzeit des Fliegens spielte das Gewicht der Passagiere bereits eine ganz wesentliche Rolle. Dabei ging es nicht um die Kosten für den Flug, sondern die richtige „Sitzordnung“ im Flugzeug, um die Flugeigenschaften zu optimieren. Das passiert noch heute bei Klein- und Wasserflugzeugen.

„In der Luftfracht spielt das Gewicht seit jeher eine Rolle“, sagt Robert Mann, Chef des gleichnamigen Airline-Consulters R.W. Mann&Co. Im Zeitalter des Massenflugverkehrs würden Passagiere ohnehin wie Fracht behandelt. Die US-Billigfluglinie Southwest, Vorbild für viele europäische Low-Cost-Carrier, ist auch da Vorreiter: Füllige Reisende werden gebeten, einen zweiten Sitz zu kaufen.

Für Emirates aus Dubai ist es hingegen undenkbar, Passagiere auf die Waage zu stellen. Dies wäre mit dem Image der Fluglinie mit Top-Qualität nicht vereinbar, sagt Emirates-Präsident Tim Clark. Er selbst habe als Check-In-Mitarbeiter in den frühen 70er-Jahren, als Passagiere nach ihrem Gewicht gefragt wurden, „horrible“ Erinnerungen.

Auch die AUA denke nicht daran, Ticketpreise nach Gewicht zu staffeln, sagt AUA-Sprecher Michael Braun der „Presse“. Die rot-weiß-rote Fluglinie, die wie ihre Mitbewerber durch das teure Kerosin unter massivem Druck steht, schöpft jedoch viele andere Sparpotenziale aus:
•Solange das Flugzeug am Boden steht, wird die notwendige Energie nicht von Triebwerken erzeugt, sondern von Generatoren. Dieses Sparpotenzial nützt auch American Airlines.
•Beim Rollen vom Pier zur Startbahn wird nur ein Triebwerk benützt.
•Auch die AUA fliegt langsamer – wie etwa Brussels Airlines und Southwest. Bei einem Flug von Wien nach Brüssel, der eine Stunde 50 Minuten dauert, bringt eine Verlängerung der Flugzeit um fünf Minuten eine Ersparnis von 200 Kilogramm Kerosin. Bei einem Preis von 1300 Dollar pro Tonne Kerosin sind das gut 260 Dollar – pro Strecke.
•Und nicht zuletzt rüstet die AUA alle Boeings – auch die Langstreckenjets 767 – mit sogenannten Winglets an den Tragflächenenden aus. Diese verbessern die Flugeigenschaften.
•Die AUA spart – wie Singapore Airlines – beim Wasser. „Wir nehmen nur die Menge mit, die unbedingt nötig ist“, sagt Braun.
•Flüge werden noch besser vorbereitet, um die optimale Flugroute zu finden.
•Die Fracht wird besser verteilt, damit das Flugzeug optimal in der Luft liegt.

Mit derartigen Maßnahmen soll der Kerosinbedarf der AUA, der im Vorjahr bei 795.000 Tonnen lag, um fünf Prozent sinken, so Braun.

Leichteres Geschirr

Erfinderisch sind auch andere Airlines: Delta Airlines berechnet 25 Dollar für telefonische Ticketreservierung. US Airways hat Snacks gestrichen. American Airlines verlangt als erste US-Fluglinie für ein eingechecktes Gepäckstück 15 Dollar. Die Lufthansa wäscht ihre Maschinen öfter, weil Verschmutzung den Luftwiderstand erhöht, berichtet ATA-Sprecher Steve Lott. Und Japan Airlines verwenden in der First- und Business Class leichteres Geschirr.

Air France wiederum wünscht sich einen noch größeren Super-Airbus A 380, der bis zu 963 Passagieren Platz bieten würde. Wegen der hohen Treibstoffkosten wartet Air France/KLM-Boss Jean-Cyril Spinetta „mit Ungeduld“ auf das verlängerte Modell, das allerdings erst ab 2010 entwickelt wird schreibt „La Tribune“.

AUF EINEN BLICK

Die hohen Kerosinpreisemachen die Fluggesellschaften erfinderisch. Um Kosten zu sparen und neue Einnahmequellen zu finden, werden Tabus gebrochen. So könnten Ticketpreise nach dem Gewicht der Passagiere gestaffelt werden. Dicke könnten vielleicht bald mehr zahlen, heißt es bei der Air Transport Association. Die AUA geht andere Wege, unter anderem fliegt sie langsamer.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.06.2008)

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