Inflation lässt Kredite teurer werden

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Die Teuerungsrate ist auf 15-Jahres-Hoch und könnte in Österreich bald die Vier-Prozent-Marke „knacken“.

Wien. Die Inflationsrate ist in Österreich im Mai im Jahresabstand auf 3,7 Prozent nach oben geschnellt. Das ist der höchste Wert seit 15 Jahren. Nach EU-Berechnungsmodus betrug die Teuerungsrate in Österreich sogar 3,8 Prozent und lag damit knapp über dem Durchschnitt der Eurozone. Preistreiber waren im Mai wie schon seit Monaten vor allem die Bereiche Energie und Nahrungsmittel. So kostet Heizöl jetzt um 42 Prozent mehr als vor einem Jahr, Diesel um 36 Prozent. Käse wurde um 20 Prozent teurer, Lebensmittel in Summe um 7,2 Prozent.

Und die Experten erwarten eine Verschärfung der Situation. „Wenn der Ölpreis weiter so rasant steigt, ist nicht auszuschließen, dass die Inflationsrate in den kommenden Monaten auch die Vier-Prozent-Marke erreicht,“ erläutert Josef Baumgartner vom Wirtschaftsforschunginstitut (Wifo) im „Presse“-Gespräch.

Neuer Ölpreis-Rekord

Prompt sprang der Ölpreis gestern, Montag, auf eine neues Rekordhoch. Ein Fass (zu 159 Liter) der US-Sorte WTI kostete am Nachmittag 139,89 Dollar und war damit um mehr als fünf Dollar teurer als am Freitag. Die für Europa relevante Nordseesorte Brent war mit 139,32 Dollar pro Fass kaum billiger. Im US-Bundesstaat Iowa verursacht eine Überschwemmung derzeit schwere Ernteausfälle bei Mais, was ebenfalls die Preise nach oben treiben dürfte.

Die Wirtschaftsforscher hatten noch im März für das Gesamtjahr 2008 eine Teuerungsrate von 2,9 Prozent prognostiziert. Das ist mittlerweile Makulatur, Baumgartner bestätigt, dass das Wifo Ende Juni seine Prognose für die Jahresinflation deutlich anheben wird. Auch für 2009 ist mit höheren Preisen zu rechnen. Die Prognose von 2,3 Prozent wird laut Baumgartner ebenfalls nach oben korrigiert werden müssen. Wegen der hohen Inflation – sie lag im Mai in der Eurozone ebenfalls bei 3,7 Prozent, das war der höchste Wert seit Juni 1992 – müssen sich die Bürger bald auch auf teurere Kredite einstellen. Schon Anfang Juni hatte Jean-Claude Trichet, der Chef der Europäischen Zentralbank (EZB), eine Anhebung der Leitzinsen für Anfang Juli angedeutet.

Mittlerweile ist es so gut wie sicher, dass die Währungshüter im Frankfurter Euro-Tower bei ihrer nächsten Sitzung am 3. Juli die Zinsschraube fester anziehen werden. Die strikt auf Preisstabilität bedachte EZB peilt Inflationsraten von etwa zwei Prozent an und ist angesichts der massiven Teuerung seit Monaten in „erhöhter Wachsamkeit“, sagte EZB-Direktoriumsmitglied Gertrude Tumpel-Gugerell am Montag in einem Zeitungsinterview.

Gefahr für die Wirtschaft?

Finanzexperten erwarten für Anfang Juli eine Anhebung der Leitzinsen von 4,0 auf 4,25 Prozent, einige schließen auch eine Erhöhung auf 4,5 Prozent nicht aus. Bernhard Felderer, Chef des Instituts für Höhere Studien (IHS), rechnet mit einem „deutlichen Anstieg“ des EZB-Leitzinses. „Und das wird unserer Wirtschaft nicht gut tun,“ meinte er gegenüber der Austria Presse-Agentur.

Sobald die EZB die Zinsschraube anzieht, steigen nicht nur die Sparzinsen, es werden auch die Kredite für Firmen und Private teurer. „Wenn sich für uns die Refinanzierung verteuert, geben wir das an unsere Kunden weiter,“ erläuterte am Montag der Generaldirektor der Volksbank AG, Franz Pinkl. Wie stark die Kreditzinsen anziehen werden, hänge nicht nur vom Zinsschritt der EZB, sondern auch vom Wettbewerb in der Bankenwelt ab. „Billiger wird es aber sicher nicht,“ meinte Pinkl.

Als Reaktion auf die hohe Teuerung forderte AK-Präsident Herbert Tumpel nicht nur kräftige steuerliche Entlastungen der Arbeitnehmer, sondern auch ein Ende der Beimischungspflicht für Biosprit. Und Werner Kogler von den Grünen wünscht sich Hausdurchsuchungen bei Handelsketten, um Preisabsprachen aufzudecken.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.06.2008)

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