Alter Goldschmuck schmilzt dahin

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
  • Drucken

Der hohe Goldpreis führt dazu, dass in den Niederlanden viele ihren Schmuck verkaufen. Für eine Feinunze zu 31,1 Gramm werden werden am Markt knapp 577 Euro bezahlt.

Den Haag. ,,In meinem Laden tauchte kürzlich eine ältere Dame auf. Die brachte mir ihren gesamten Goldschmuck. Sogar die goldene Armbanduhr ihres verstorbenen Mannes hatte sie dabei. Sie wollte alles verkaufen. Ich habe den Schmuck aufgekauft und werde ihn einschmelzen“, sagt der Haager Juwelier und Goldschmied Ren Potma. Ihm, aber auch seinen Kollegen in Den Haag, Antwerpen, Amsterdam und Brüssel werden derzeit die Türen eingerannt von Kunden, die sich von ihrem Goldschmuck trennen wollen. Der Grund für das Goldfieber ist der historisch hohe Goldpreis. Denn für die Feinunze Gold zu 31,1 Gramm wurden am Markt bis vor kurzem fast 1000 Dollar gezahlt. Mittlerweile sind es immerhin knapp 890 Dollar (577 Euro).

Vor acht Jahren kostete die Feinunze Gold nur 271 Dollar. Wer sich schon immer von seinem Goldschmuck trennen wollte, entweder weil man ihn nicht mehr schick findet oder einfach, weil man etwas zusätzliches Bargeld braucht, der tut dies dieser Tage.

„Wir schmelzen pro Woche rund 100 Kilo an Gold ein. Die Leute bringen alles mögliche, nicht nur Juwelen oder Goldmünzen, sondern auch Goldzähne oder sogar goldene Zahnfüllungen“, berichtet ein Juwelier in Antwerpen. ,,Wer sich vor dreißig Jahren ein goldenes Armband für 125 Euro gekauft hat, bekommt heute gut und gerne 750 Euro dafür. „Das ist ein gutes Geschäft.“

Enorme Preisunterschiede

Sehr gute Geschäfte mit dem Gold machen vor allem die Juweliere, die als Zwischenhändler zwischen den verkaufswilligen Kunden und den professionellen Goldschmieden vermitteln. Die Preise sind enorm unterschiedlich. In der Diamanten- und Goldhauptstadt Antwerpen wird durchwegs mehr bezahlt als etwa in Den Haag. Die Preisspannen sind enorm. Mancher Juwelier bietet nur fünf Euro je Gramm Gold von 14 Karat. Ein anderer dagegen acht Euro. Wer größere Mengen an Goldschmuck veräußern will, kann bei so manchem Händler auch mehr als zehn Euro je Gramm verlangen. Höher karätiges Gold ist entsprechend teurer. Aber immer gilt: Der Preis ist Verhandlungssache. Man muss also pokern können und sollte auch nicht die Mühe scheuen, mehrere Juweliere aufzusuchen und sich deren Offerte anzuhören, bevor man sich von seinem Goldschmuck trennt.

Der Antwerpener Juwelier Robert Strik hat soviel neue Kundschaft, die ihren Goldschmuck loswerden will, dass er sogar zusätzlich Personal einstellen musste. Denn nicht nur bei ihm, sondern bei den meisten Juwelieren gilt: ,,Den Kunden muss sofort geholfen werden können. Wir möchten sie nicht warten lassen. Das Gold wird gewogen und dann können wir über den Preis reden.“

Diebsgut ist auch darunter

Ehrbare Juweliere setzen nicht nur auf Diskretion, sondern auch auf ehrliche Geschäfte. Sie wollen unter ihrer Kundschaft die Spreu vom Weizen trennen. Denn wie soll der Juwelier wissen, ob der Goldschmuck einst tatsächlich redlich erworben wurde und es sich nicht um Diebsgut handelt? Die meisten Juweliere in Antwerpen, Amsterdam oder Den Haag verlangen von den Goldverkäufern daher einen Ausweis. Viele machen sogar eine Kopie von dem Dokument, das sie aufbewahren.

Theo Vermeulen, Direktor der niederländischen „Föderation Gold und Silver“ freut sich über den neuen Boom in seiner Branche. Gibt es überhaupt noch Leute, die sich trotz der hohen Goldpreise, neuen Schmuck kaufen? „Ja sehr viele“, meint er. Denn der Preis werde ja nicht nur vom Rohmaterial bestimmt. Es sei vor allem die Handarbeit der Goldschmiede, die so manches Juwel besonders hübsch und auch besonders teuer macht.

„Und kaufkräftige Kunden lassen sich auch von dem historisch hohen Goldpreis nicht abschrecken“, weiß Vermeulen.

auf einen Blick

In Belgien und Holland boomt der Verkauf von altem Goldschmuck. Manche Juweliere schmelzen bis zu 100 Kilogramm Gold pro Tag.

Der Goldpreis hat sich in den vergangenen acht Jahren vervierfacht.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.06.2008)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.