Wahl des neuen Verbund-Chefs: Bartenstein sticht Schüssel aus

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Der bisherige Palfinger-Chef Wolfgang Anzengruber übernimmt ab 2009 das Ruder im Strom-Konzern. Mit seiner Wahl wurde auch ein ÖVP-internes Match zwischen Bartenstein und Schüssel entschieden.

Es war mit einer langen Sitzung gerechnet worden. Im Endeffekt war aber bereits nach einer knappen Stunde alles vorbei – und der Verbund hatte plötzlich einen neuen Chef. Am Dienstagnachmittag um 15:05 Uhr wählten die Aufsichtsräte des mit Abstand größten Energiekonzerns des Landes Wolfgang Anzengruber einstimmig zum neuen Verbund-Generaldirektor. Der bisherige Vorstandsvorsitzende des Salzburger Kranherstellers Palfinger wird somit die Nachfolge des per Jahresende scheidenden Verbund-Chefs Michael Pistauer antreten.

1:0 für Bartenstein

Mit der Wahl von Anzengruber wurde auch ein zum Teil hart geführtes ÖVP-internes Match zwischen Wirtschaftsminister Martin Bartenstein und Klubobmann Wolfgang Schüssel entschieden. 1:0 für Bartenstein. Denn Anzengruber war definitiv „sein“ Kandidat. Schüssel setzte sich hingegen seit Monaten vehement für seine frühere Kabinettschefin Ulrike Baumgartner-Gabitzer ein. Sie sitzt seit knapp zwei Jahren in der obersten Führungsebene des Konzerns, muss sich aber vorerst mit dem Posten eines „einfachen“ Vorstandsmitglieds begnügen.

Der Stromversorger ressortiert traditionell zum Wirtschaftsministerium, weshalb die Besetzung der Spitze auch Sache der ÖVP ist. Der vierköpfige Vorstand ist allerdings nicht durchgängig „schwarz“ – Hannes Sereinig und Christian Kern sind der „roten“ Reichshälfte zuzurechnen.

Eine Kampfabstimmung im Aufsichtsrat wurde von Verbund-Aufsichtsratschef Gilbert Frizberg vermieden. Dieser lotete am Montag die Lage aus und überzeugte die Minderheit im Kontrollgremium, die für Baumgartner-Gabitzer stimmen wollte.

Am späteren Nachmittag stellte sich der designierte Verbund-Chef erstmals in seiner neuen Funktion den Journalisten. Anzengruber war zwar einer von 19 Kandidaten für den Job. Beworben hatte er sich ursprünglich jedoch nicht. „Ich habe vor wenigen Tagen die Einladung erhalten, mich an diesem Verfahren zur Vorstandsbestellung zu beteiligen.“ Erste Gespräche habe es bereits vor rund einem Dreivierteljahr gegeben. Diese seien aber vorerst „im Sand verlaufen“. Deshalb habe er auch vor wenigen Wochen seinen Vertrag bei Palfinger um fünf weitere Jahre verlängert.

Diesen wird er nun aber nicht erfüllen. Denn ab Anfang 2009 beginnt seine – vorerst – fünfjährige Zeit an der Verbund-Spitze. Ob er zusätzlich zum Posten des Generaldirektors auch Finanzvorstandes des Konzerns sein wird, steht noch nicht fest. „Grundsätzlich wäre das auf jeden Fall vorstellbar“, meint Anzengruber, der diese beiden Funktionen auch bei Palfinger besetzt. Laut Frizberg ist die künftige Ressortverteilung aber noch komplett offen. „Die Vorstände sollen sich zusammensetzen und einen gemeinsamen Vorschlag einbringen. Es wird aber sicher anders sein als jetzt“, sagt Frizberg.

Konsolidierung der Branche

An der strategischen Ausrichtung des Konzerns soll sich künftig wenig ändern. Die internationale Expansion soll fortgesetzt werden. Aber auch die Konsolidierung der heimischen Strombranche ist Anzengruber ein Anliegen. „Aufgrund seiner Größe ist der Verbund meiner Ansicht nach berufen, bei einer Konsolidierung die Führungsfunktion zu übernehmen.“ Und für Kooperationen mit den Landesgesellschaften sei ebenfalls „genügend Raum“.

Der Kapitalmarkt reagierte erfreut auf die Neubesetzung an der Verbund-Spitze. Die Aktie des Energiekonzerns legte am Dienstag um 2,60 Prozent zu.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.06.2008)

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