Der Handel leidet: Inflation frisst Kauflust

(c) AP (Joerg Sarbach)
  • Drucken

Der österreichische Einzelhandel verliert durch die Teuerung real an Umsatz. Die Kunden-Frequenz sinkt. Gleichzeitig wehrt sich der Handel wieder gegen den Vorwurf, selbst ein Preistreiber zu sein.

WIEN (cim). Der Handel spürt die steigenden Preise. Seit dem Start der Teuerungswelle 2007 wird in Österreich weniger, oder zumindest billiger eingekauft. Im ersten Halbjahr 2008 konnte der Handel seinen Umsatz zwar um 2,3 Prozent steigern, bei einer durchschnittlichen Preissteigerung im Einzelhandel von 3,5 Prozent bedeutet das aber ein reales Umsatzminus von 1,2 Prozent. Im Lebensmitteleinzelhandel, dort sind die Preise mit 6,3 Prozent am stärksten gestiegen, ist der Umsatz real um 1,5 Prozent gesunken.

Die Kundenfrequenz bestätigt die aktuelle Kaufzurückhaltung. Von Jänner bis Juni 2008 ist die Zahl der Menschen in den Geschäften im Vergleich zum Vorjahr um 1,6 Prozent zurückgegangen. Der Einzelhandel schwächelt seit Mitte des vergangenen Jahres. Im zweiten Halbjahr 2007 ist der Umsatz bei einem nominellen Wachstum von 1,2 Prozent real um 1,6 Prozent geschrumpft.

„Durchwachsen“, nennt der Obmann der Bundessparte Handel der Wirtschaftskammer, Erich Lemler, diese Bilanz. Die Zahlen beruhen auf der Konjunkturbeobachtung der KMU Forschung Austria, die dazu Daten von 4500 Unternehmen ausgewertet hat.

Einzig der Sportartikel- sowie der Radio- und Elektrohandel konnten heuer real wachsen. Das sei, so Lemler, bei den Sportartikeln vor allem auf die Euro und das schlechte Vergleichs-Halbjahr 2007 zurückzuführen.

Mit den Umsatzeinbußen ist der österreichische Handel nicht allein. Der deutsche Einzelhandel hat von Jänner bis Mai 2008 laut Statistischem Bundesamt real um 0,4 Prozent weniger umgesetzt als ein Jahr zuvor. In den Ländern der Euro-Zone seien ähnliche Tendenzen bemerkbar, so die Branchenvertreter. Sie erwarten, dass sich die Konsum-Schwäche verschärfen werde. Das Wifo prognostiziert dem Handel (Einzel- und Großhandel einschließlich Reparatur von Kfz und Gebrauchsgütern) für 2008 ein Wachstum der Bruttowertschöpfung von 1,3 Prozent. „Die Prognosen versprechen nichts Gutes“, sagt Peter Voithofer von der KMU Austria. Der Handel wehrt sich abermals gegen den Vorwurf, ein Preistreiber zu sein. Vielmehr sei der Handel selbst Getriebener und müsse die höheren Kosten weitergeben, so Lemler.

Um den Konsum aufrecht zu erhalten, fordert er einen finanziellen Ausgleich der Inflation, etwa im Zuge einer vorgezogenen Steuerreform. Er schließt sich auch dem Vorschlag von IHS-Chef Bernhard Felderer an, die Mehrwertsteuer zu senken.

Geldspritze gegen Konsumflaute

Lemler beteuert, dass der Handel eine Steuersenkung – wie hoch diese sein sollte, beziffert er nicht – an die Kunden weitergeben würde: „Das kann ich garantieren“, so der Obmann. Und das, obwohl der Handel schlecht verdiene. Denn 53 Prozent der österreichischen Einzelhändler würden rote Zahlen schreiben, vor allem Kleinunternehmer an schlechten Standorten.

Die Gewinnspanne der Großkonzerne beziffert Lemler mit etwa drei Prozent. Diese halten sich bedeckt, wenn es um ihre Margen geht. Allerdings haben die Muttergesellschaften der Riesen Spar und Rewe für 2007 ein Umsatzwachstum über dem Branchenschnitt vermeldet. Hofer-Chef Armin Burger sagte kürzlich, der Diskonter verliere durch die Teuerung an Margen, verzeichne nun aber deutlich mehr Kunden.

AUF EINEN BLICK.

Seit Mitte 2007 wird in Österreich weniger, oder zumindest billiger eingekauft. Die realen Umsätze des Einzelhandels sinken.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.07.2008)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.