Flughafen: Horrorszenario Lufthansa

(c) AP (Fabian Bimmer)
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Die Wahl des AUA-Partners bestimmt wesentlich die Zukunft des Wiener Flughafens, sagen Bank-Analysten. Die Air France/KLM brächte viel mehr Wachstum.

Wien. Für die AUA hat die Partnersuche gerade begonnen – aber nicht nur die rund 8000 Beschäftigten beobachten gespannt, welche Airline bei der AUA landen wird. Vor allem der Wiener Flughafen hat den Verkaufsprozess am Radarschirm, geht es doch auch um die Zukunft des Airports, an dem rund 16.000 Menschen arbeiten. Wachstum oder Schrumpfung – die künftige Entwicklung hängt wesentlich von der Eigentümerwahl der AUA ab, die mit knapp 50 Prozent Marktanteil Hauptkunde des Flughafens ist.

Was bisher am Flughafen nur hinter vorgehaltener Hand diskutiert worden ist, sagt nun eine Analyse der Raiffeisen Centrobank (RCB) mit bisher nicht gekannter Deutlichkeit: „Eine Übernahme der AUA durch die Lufthansa hätte den größten negativen Einfluss auf den Flughafen Wien.“ RCB-Analyst Bernd Maurer begründet diese Meinung damit, dass sich das Streckennetz der beiden Fluglinien in der Kurz- und Mittelstrecke, vor allem in Osteuropa, weitgehend überschneidet. Deshalb werde die Lufthansa das Netz der AUA innerhalb Europas ausdünnen. Auch wenn im Gegenzug die AUA mehr Langstreckenflüge aus Wien erhält – die RCB geht von einem Rückgang der AUA-Passagierzahlen von rund 15 Prozent aus.

Match München gegen Wien

Eine weitere Gefahr besteht in der Nähe des Flughafens Wien zu München, dem zweiten Haupt-Airport der Lufthansa neben Frankfurt. Wie die RCB nennt auch die Berenberg Bank als Beispiele den Verkauf der KLM an Air France und der Swiss an die Lufthansa und deren Auswirkung auf das Verkehrswachstum in Amsterdam und Zürich: Während sich das Plus bei den Passagierzahlen in Schiphol seit 2005 auf durchschnittlich vier Prozent halbiert hat, hat Zürich 2007 trotz steigender Wachstumsraten noch nicht das Niveau von 2001 erreicht.

Für den Wiener Flughafen, wo gerade der neue Terminal Skylink entsteht und die Umweltverträglichkeitsprüfung für die dritte Piste läuft, könnte es noch schlimmer kommen: wenn gleichzeitig zum Einstieg der Lufthansa bei der AUA die schwer defizitäre slowakische Billig-Fluglinie SkyEurope Bankrott geht und die deutsche Air Berlin, die 24 Prozent an „Niki“ hält, rezessionsbedingt ihre Kapazitäten in Wien um 30 Prozent kürzt. Letzteres wird in Luftfahrtkreisen für wahrscheinlicher gesehen als der AUA-Kauf durch die Lufthansa. Air France/KLM soll nämlich keine schlechten Karten haben.

Deutlicher Ertragsknick

Die AUA, die ihre Verluste auch auf die große Konkurrenz der Billig-Airlines in Wien zurückführt, würde von einem Rückzug von SkyEurope und Air Berlin natürlich profitieren – nicht aber der Flughafen. Schon eines der drei oben genannten Ereignisse würde laut RCB-Modellrechnung zu einem Rückgang bei Umsatz und Gewinn führen. Würden alle drei Szenarien eintreten, würde das Betriebsergebnis 2010 deutlich von den prognostizierten 128 auf 92 Mio. Euro fallen. Der Umsatz würde von 591 auf 520 Mio. Euro sinken.

Einen großen Schub für den Flughafen erwartet sich das Raiffeisen-Wertpapierhaus hingegen von einem Einstieg von Air France/KLM bei der AUA. Da sich die Flugnetze ergänzen und nicht überlappen, würden die Franzosen Wien als West-Ost-Drehkreuz ausbauen und der Verkehr nach Osteuropa wachsen. Allerdings birgt der notwendige Wechsel der AUA von der Star Alliance zum SkyTeam der Air France auch Risiken, denn die Lufthansa würde zum Erzfeind. „Die große Frage ist: Kämpft die AUA auf der Seite der Lufthansa oder traut sie sich zu, als Mitglied im SkyTeam gegen den verschärften Wettbewerb in ihren Hauptmärkten anzutreten“, heißt es in der RCB-Analyse.

Der Aktienkurs des Flughafens spiegle jedenfalls die derzeitige Unsicherheit wieder, meint Maurer unisono mit Markus Hesse und Christian Cohrs von Sal.Oppenheim. Seit April hat das Papier 33 Prozent Wert eingebüßt und notiert bei rund 54 Euro. Die RCB hat das Kursziel drastisch von 82,50 auf 61 Euro reduziert. Sal.Oppenheim setzt das Kursziel bei 75 Euro an, die Berenberg Bank senkte von 84 auf 80 Euro. Am schwächeren Passagierwachstum im Juli – 3,8 Prozent Plus gegenüber 7,4 Prozent Zuwachs im Juni – dürfte die wirtschaftsbedingt sinkende Nachfrage schuld sein.

AUF EINEN BLICK

Das Schicksal des Wiener Flughafens hängt von der Partnerwahl der AUA ab. Denn die AUA ist mit einem Marktanteil von rund 50 Prozent der größte Kunde in Schwechat.

Die Lufthansa als AUA-Partner hätte auf den Flughafen sehr negative Auswirkungen, heißt es in einer Analyse der Raiffeisen Centrobank (RCB). Wenn zudem SkyEurope Bankrott ginge und Air Berlin Kapazitäten reduzierte, müsse der Flughafen 2010 deutliche Gewinneinbrüche hinnehmen, meinen die Banker.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.08.2008)

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