Libro: Rettberg muss ins Gefängnis

André Rettberg
André Rettberg(c) AP (Ronald Zak)
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André Rettberg, Ex-Chef der pleitegegangenen Papier/Musikhandelskette Libro, berief gegen acht Monate unbedingte Haft. Das Oberlandesgericht Wien ließ ihn abblitzen.

WIEN. Nun sei er Osteuropa- Konsulent, erklärt André Rettberg (50) am Montag einem Dreirichtersenat des Oberlandesgerichts Wien. „Er verdient ein bisschen was, wird aber nie mehr so hoch aufsteigen“, ergänzt Elmar Kresbach, der Anwalt des einstigen Libro-Chefs. Rettberg: „Wenn ich eine Freiheitsstrafe erhalte, weiß ich nicht, wie ich meine Frau und meinen Sohn erhalten kann.“ Genau das passiert: Die Richter schicken den gebürtigen Niederländer für acht Monate hinter Gitter.

Genaugenommen hat Rettberg besagte Freiheitsstrafe längst erhalten. Bereits im Mai 2006 sprach das Landesgericht Wiener Neustadt wegen versuchter betrügerischer Krida eine teils bedingte, teils unbedingte Haftstrafe von insgesamt drei Jahren aus. Der unbedingte Strafteil wurde damals mit acht Monaten bemessen. Diese Strafe passe ganz genau, findet nun der Vorsitzende des Senats, Herbert Körber. Deshalb sei der von Rettberg eingebrachten Berufung „nicht Folge zu geben“.

Versuchte betrügerische Krida

Die versuchte betrügerische Krida habe laut Körber darin bestanden, dass Rettberg im Strudel des Libro-Untergangs „dreieinhalb Millionen Euro vor den Gläubigern verstecken wollte“. Körber erinnert sich an frühere Zeiten: „Noch vor sechs, sieben Jahren“, so sagt er, wäre Rettberg nicht so billig davongekommen. Immerhin dreieinhalb Millionen Euro: „Das sind nach alter Währung 50 Millionen Schilling, da hätte man sicher mit einigen Jahren Gefängnis rechnen müssen.“ Schwacher Trost für Rettberg, dem in Kürze eine Aufforderung zum Antritt seiner achtmonatigen Haftstrafe ins Haus flattern wird.

Rettberg ist nicht der Einzige, der am Montag mit seiner Strafberufung Schiffbruch erleidet. So geht es auch L., einem seiner früheren Anwälte. Apropos Schiffbruch: Farid Rifaat, der Verteidiger von L., bedient sich am Montag eines nautischen Vergleichs: „Bei Gericht und auf hoher See ist man in Gottes Hand.“ Dennoch ist es ein durchaus weltlicher Richter, der sich nun an L. wendet: „So etwas (gemeint ist die Mithilfe beim Verschleiern der Gelder, Anm.) als Rechtsanwalt zu machen, ist Ihnen besonders vorzuwerfen. Sie hätten sagen müssen: ,Lieber Freund, wir müssen die Gelder offenlegen.‘“ Es gehe nicht an, dass gerade ein Anwalt versuche, Gläubiger hinters Licht zu führen.

„Draußen aus dem Geschäft“

L. ist mittlerweile ebenfalls als „Berater“ tätig. Ihm ist die Ausübung der Rechtsanwaltschaft seit viereinhalb Jahren untersagt. Rifaat: „Er ist ein für alle Mal aus dem Geschäft draußen.“ L. war übrigens nicht der einzige Advokat, der Rettberg zur Seite stand. Auch der Wiener Wirtschaftsanwalt E. tat das. Laut Rifaat kassierte E. von Rettberg stolze 1,5 Mio. Euro Honorar, für L. seien nur 25.000 Euro abgefallen.

Und welche Konsequenzen hat E. zu tragen? Das bleibt abzuwarten. Sein Verfahren läuft immer noch in erster Instanz – aus gesundheitlichen Gründen allerdings nur schleppend.

Zurück zu L.: In seinem Fall ist es nicht der Senatsvorsitzende Körber, der sich an frühere Zeiten erinnert. Dafür spricht L. in seinem Schlusswort die Vergangenheit an. Er habe, so leitet der junge Advokat ein, gerade „ein Déjà-vu-Erlebnis“. Zu Senatspräsident Körber sagt er: „Herr Vorsitzender, Sie waren bei der Anwaltsprüfung mein Strafrechtsprüfer. Sie haben darüber erkannt, ob ich meinen Beruf ausüben kann.“ Dies möge nun noch einmal – im positiven Sinn – geschehen. Körber lächelt und sagt etwas halblaut vor sich hin, das ein bisschen nach Selbstkritik klingt. Der Rest ist – siehe oben – bekannt: Auch L. blitzt mit seiner Berufung ab.

Und nun? Für André Rettberg ist das Thema Libro noch nicht ausgestanden. Er blickt dem eigentlichen Strafverfahren um die Libro-Pleite (siehe Artikel unten) entgegen. Sein eigener Anwalt Kresbach skizziert dies so: „Das ist der tiefe Fall eines Menschen aus sehr hoher Position.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.09.2008)

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