Bestechung: Gesetz gegen Korruption wird gelockert

(c) Die Presse (Michaela Bruckberger)
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Seit Anfang 2008 gilt in Österreich ein Gesetz, das Geschenke an Amtsträger verbietet. Die ÖVP will das jetzt entschärfen – um Sponsoring von Kultur- und Sportevents weiter zu ermöglichen.

Wien. Irgendwie war heuer alles ganz anders bei den Salzburger Festspielen. Es gab nämlich jede Menge Ärger. „Ein Skandal“, befand die langjährige Festspielpräsidentin Helga Rabl-Stadler. Und gewichtige Sponsoren der Festspiele – wie Siemens oder der Versicherungskonzern Uniqa – drohten überhaupt, den Geldhahn zuzudrehen. Eine echte Katastrophe für die Festspiele, bedenkt man, dass jährlich rund 700.000 Euro von allen Hauptsponsoren kommen.

Schuld ist das sogenannte Strafrechtsänderungsgesetz, das bereits Anfang 2008 in Kraft trat – dessen Auswirkungen den Betroffenen allerdings erst im Sommer gedämmert haben dürften. Da hatte es ja zuerst die Fußball-Europameisterschaft und dann eben die Festspiele gegeben. Und plötzlich wusste keiner mehr, was eigentlich noch erlaubt ist.

Nur bis hundert Euro erlaubt

Das neue Gesetz regelt nämlich die verbotene Geschenkannahme für Amtsträger. Soll heißen: Beamte und Manager staatsnaher Unternehmen dürfen keine Zuwendungen mehr annehmen, die die „Geringfügigkeitsgrenze“ von 100 Euro übersteigen. Und dazu gehören eben auch Festspiel- oder Eurotickets.

Bei den Salzburger Festspielen sah daher so mancher schon das Ende des Kulturevents nahen. Weil, Hand aufs Herz: Große Konzerne sponsern schon gerne große Events. Aber sie wollen halt marketingmäßig auch etwas davon haben. Was also liegt näher, als verdiente Geschäftspartner mit Tickets zu belohnen?

Alles vorbei? Mitnichten. Denn die maximale Aufregung hat gefruchtet. Am vergangenen Freitag ist – von der Öffentlichkeit unbemerkt – ein Initiativantrag von der ÖVP im Parlament eingebracht worden. Und mit dem soll das Anti-Korruptionsgesetz deutlich entschärft werden. Da heißt es etwa:
„Wer lediglich gelegentlich einen gesellschaftlich anerkannten Vorteil annimmt (...), der offenkundig nicht geeignet ist, die Amtsführung zu beeinflussen, ist weder nach Abs. 1 noch nach Abs. 2 zu bestrafen.“
„Die Annahme von Vorteilen im Zusammenhang mit kulturellen, sportlichen, sozialen oder wissenschaftlichen Veranstaltungen ist weder nach Abs. 1 noch nach Abs. 2 strafbar.“

Womit mehr oder weniger alles wie gehabt wäre. In dem Antrag zur Gesetzesänderung wird nämlich nicht definiert, was unter einer „gelegentlichen“ Geschenkannahme zu verstehen ist. Es solle halt „die Angst vor übermäßiger Kriminalisierung“ genommen werden, heißt es in der Begründung zum Initiativantrag. Womit das Problem der Salzburger Festspiele und wohl auch des Opernballs (zu dem Firmen ja besonders gerne einladen) in jedem Fall gelöst wäre.

Trotzdem gibt es kein allgemeines Aufatmen. Interessanterweise kommt just aus der heimischen Lobbying-Branche heftige Kritik. Einer Branche, die ja allgemein den Ruf genießt, sehr großzügig zu sein, wenn es um die Durchsetzung von Anliegen geht.

Lobbyisten schäumen

Andreas Kovar, eine der Größen der Branche, hätte sich jedenfalls über ein striktes Anti-Korruptionsgesetz gefreut – zumal dies in den USA und in der EU schon längst praktiziert wird: „Korruption behindert unsere Arbeit und ist nicht notwendig“, sagt er. Außerdem: Mit dem ursprünglichen Gesetz hätten Sponsoren ja durchaus weiterhin Tickets für Großevents verschenken können – „aber halt nicht an Amtsträger.“

Das Problem ist allerdings, wie Kovar einräumt, dass es in Österreich „eine Menge staatsnaher Unternehmen gibt, die von dem ursprünglichen Gesetz betroffen sind.“

Kovar findet, „dass es wichtig wäre, Politik und Wirtschaft auseinanderzuhalten.“ Das Gesetz in seiner ursprünglichen Fassung hätte dazu einen wesentlichen Beitrag leisten können. „Wir haben nämlich in Österreich durchaus ein Problem mit Korruption“, findet der Lobbyist.

In der Begründung zum ÖVP-Initiativantrag heißt es hingegen: Es gelte, das Gesetz der „gesellschaftlichen Realität anzupassen und den Bogen der Kriminalisierung im öffentlichen Leben nicht zu überspannen.“

AUF EINEN BLICK

Seit Anfang 2008 gilt das neue Strafrechtsänderungsgesetz. Es verbietet Geschenke an „Amtsträger“, also Beamte und Manager staatsnaher Unternehmen. Große Aufregung gab es daher vor allem bei den Salzburger Festspielen – dort verschenken ja Sponsoren gerne Karten an Geschäftspartner. Die ÖVP will nun das Gesetz aufweichen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.09.2008)

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