IHS-Chef Keuschnigg wirft das Handtuch

PK WIFO UND IHS: KEUSCHNIGG
PK WIFO UND IHS: KEUSCHNIGGAPA/ROLAND SCHLAGER
  • Drucken

Christian Keuschnigg wollte das finanziell angeschlagene Wirtschaftsforschungsinstitut verkleinern. Doch der Widerstand im Haus war zu groß.

Christian Keuschnigg, Chef des Instituts für Höhere Studien (IHS), ist zurückgetreten. Der Ökonom hatte heute ein Konzept für eine Restrukturierung seines Hauses vorgelegt - dagegen gab es aber massiven Widerstand im Haus. Mit finanziellen Problemen hat das IHS schon länger zu kämpfen: Dem Institut fehlen rund 500.000 Euro, darüber berichtete "Die Presse" bereits im Vorjahr. Da mangels neuer Finanzierungsquellen die Lücke auch nach knapp eineinhalb Jahren nicht geschlossen werden konnte, hat Keuschnigg Ende September angekündigt, das Institut zu verkleinern und sich von Soziologie und Politikwissenschaft verabschieden zu wollen. Der Widerstand der Belegschaft war heftig, hätten doch bis zu 30 der 120 Arbeitsplätze durch die neue Struktur wegfallen können.

Schon im Vorfeld hatte Keuschnigg angekündigt, zurückzutreten, sollte sein Konzept nicht durchgehen. Bis ein Nachfolger gefunden ist, stehe er aber selbstverständlich zur Verfügung, sagte Keuschnigg am Donnerstag zur APA.

"Es hat großen Spaß gemacht"

Für Keuschnigg gab es nach der Ablehnung seiner Vorschläge zwar keine Alternative zum Rücktritt, er bedauerte aber das Ende seiner Tätigkeit beim IHS. "Mir hat es großen Spaß gemacht", sagte er. Auch habe er "viel gelernt auf verschiedenen Fronten. Selbst wenn es nicht so ausgegangen ist wie geplant, möchte ich die Erfahrung nicht missen". Bevor er sich aber noch einmal für die Führung eines Instituts bewirbt würde er genauer nachfragen, "ob meine Vorstellungen mit der Strategie des Instituts übereinstimmen".

Die Belegschaft trat mit einem Gegenkonzept an, das die Fortführung des gesamten IHS vorsah. Keuschnigg hielt das für unfinanzierbar. Das Kuratorium konnte sich aber nicht zu einem Verzicht auf bisherige Leistungen und Aktivitäten entschließen und bevorzugte die alternative Lösung, wonach alle bisherigen Bereiche fortgeführt werden sollen.

2012 von Felderer übernommen

Der Tiroler Christian Keuschnigg übernahm Anfang 2012 das Ruder von Bernhard Felderer, der nach 20 Jahren an der IHS-Spitze in Pension ging.

Zuvor war Keuschnigg als Ökonom am IHS, später Professor für Finanzwissenschaft an der Universität des Saarlandes in Saarbrücken und schließlich an der Uni St. Gallen. Längere Forschungsaufenthalte hatte er an den Universitäten Bonn, Princeton und Oxford. Hohes Ansehen genießt Keuschnigg vor allem für seine Arbeiten im Bereich des Steuerrechts.

IHS

Das Institut für Höhere Studien (IHS) wurde im Jahre 1963 vom österreichischen Soziologen Paul F. Lazarsfeld und dem Ökonomen Oskar Morgenstern gegründet. Im Vordergrund standen damals Postgraduate-Lehrgänge, mittlerweile hat sich das IHS auch mit Konjunkturprognosen einen Namen gemacht. Das Budget macht pro Jahr gut neun Mio. Euro aus. Es wird zur Hälfte mit Forschungsaufträgen finanziert, der Rest kommt vom Finanzministerium, der Nationalbank und der Gemeinde Wien.

(APA/Red.)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Palais Strozzi
Österreich

Strauchelndes IHS dürfte ins Palais Strozzi ziehen

Das Wirtschaftsforschungsinstitut hat zwar immer noch keinen neuen Chef, aber vermutlich bald eine neue Bleibe in der Wiener Josefstadt.
ARCHIVBILD: IHS-CHEF KEUSCHNIGG ZURUeCKGETRETEN
Österreich

IHS: Kein Chef, kein Geld, kein Plan für morgen

HS-Chef Keuschnigg setzt sich mit der geplanten Verkleinerung des Instituts nicht durch – und tritt ab. Alternativen fehlen noch.
IHS-Chef Christian Keuschnigg
Österreich

IHS: Belegschaft schießt sich auf Chef Keuschnigg ein

Das klamme Wirtschaftsforschungsinstitut muss sich wegen Sparmaßnahmen möglicherweise von den Fachbereichen Politik und Soziologie trennen.
Institut für Höhere Studien
Kordikonomy

Wirtschaftskrise bei den Wirtschaftsforschern

Das Institut für Höhere Studien (IHS) steckt in der Krise: Wichtige Mitarbeiter sind gegangen, es gibt weniger Aufträge für Studien. Massive Finanzierungsprobleme sind die Folge.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.